Weiter Gewalt in Thailand: Tote im Tempel in Bangkok
In Thailands Hauptstadt kommt es erneut zu Schusswechseln. Einige Demonstranten leisten den Soldaten weiter Widerstand.
In Bangkok bleibt die Lage angespannt. Noch am Donnerstag gab es neue Schusswechsel in jenem Geschäftsbezirk an der Ratchaprasong-Kreuzung, den die Rothemden wochenlang besetzt und die Militärs am Tag zuvor gewaltsam geräumt hatten. Dort hielten sich weiterhin einige Protestler verschanzt und leisteten den Soldaten Widerstand. Spezialeinheiten der Polizei drangen zudem in das Wat Pathum Wanaram ein, einen Tempel nur einen Steinwurf von der Ratchaprasong entfernt.
Dorthin hatten sich vor allem Frauen, Kinder und Alte geflüchtet - und das zu Wochenbeginn, als die Regierung den Demonstranten ein letztes Ultimatum stellte und mit dem Einmarsch der Armee drohte. Die Polizei evakuierte verängstigte Menschen. Anschließend wurden deren Habseligkeiten durchwühlt. Alles, was als Markenzeichen ihres Widerstands gilt, wurde ihnen genommen: rote Plastikklatscher in Fuß- oder Herzform, rote Tücher und T-Shirts - eine weitere Demütigung.
Nach der Evakuierung des Tempels wurden bis zu neun Leichen entdeckt. Die Umstände ihres Todes sind nicht geklärt. Insgesamt sind in den vergangenen Tagen mindestens vierzehn Menschen ermordet worden.
Nach der Räumung des Viertels am Mittwoch entzündete sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Flächenbrand: Wütende und militante Anhänger der Roten legten an dutzenden Orten in der Hauptstadt Feuer: unter anderem an einer der Hochbahnstationen, Thailands Börse, einem Fernsehsender und in Kaufhäusern. Das größte, das Central World, brannte fast völlig aus. Die Regierung unter Premier Abhist Vejjajiva verhängte eine nächtliche Ausgangssperre, die bis einschließlich Samstag verlängert wurde. Sie gilt nicht nur für die Hauptstadt, sondern auch für 23 weitere Provinzen. Betroffen sind vor allem die Regionen des Nordens und Nordostens, die politischen Hochburgen der Roten. Auch von dort wurden erste Unruhen gemeldet.
Unterdessen haben sich mehrere Anführer der "Vereinigten Front für Demokratie gegen Diktatur" (UDD), wie sich die Roten nennen, der Polizei gestellt. Zwei von ihnen riefen ihre frustrierten Anhänger auf, sich zurückzuziehen und die Krawalle einzustellen. "Bitte macht euch von der Wut frei", bat unter anderem Veera Musikaphong, einer der moderaten UDD-Aktivisten. "Demokratie kann nicht auf Rache und Zorn basieren."
Genau das aber ist vielen Anhängern nicht zu vermitteln. Insgesamt ist es für alle eine schwere Enttäuschung, nach fast zehn Wochen eines zunächst friedlich begonnenen Protests nicht das Geringste erreicht zu haben. Viele Beobachter sind sich darin einig, dass die jüngsten Unruhen und die gewaltsame Niederschlagung durch das Militär die ohnehin schon tiefe Spaltung Thailands noch verschärft haben - allen Versicherungen der Regierung zum Trotz, man wolle möglichst schnell wieder Ruhe und Ordnung herstellen. Das Gegenteil wird wohl der Fall sein.
Dabei hatte es vor Kurzem so ausgesehen, als würden sich die rivalisierenden Lager einander annähern. Premier Abhisit, der durch die Demonstrationen immer mehr unter Druck geriet, hatte sich zu vorgezogenen Neuwahlen Mitte November bereit erklärt und einen Plan zur nationalen Versöhnung vorgelegt. Prinzipiell war die UDD damit auch einverstanden. Aber dann erhoben einige Anführer neue Forderungen - die Vereinbarung platzte. Das war ein deutliches Anzeichen für einen sich verschärfenden Zwist unter den roten Anführern. Jetzt, nach all dem Blutvergießen und der Gewalt, wird das Land erst recht nicht zur Ruhe kommen.
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