Weißrussischer Blogger über Repressionen: "Ich will Absurditäten aufzeigen"
Ich verdiene mit dem Bloggen kein Geld, sagt der weißrussische Blogger Viktor Malishevsky. Damit fällt auch ein wichtiges Druckmittel weg.
taz: Herr Malishevsky, Ihr Blog wird von den weißrussischen Medien so oft zitiert wie kein anderer. Dennoch bezeichnen Sie sich als Antijournalisten.
Viktor Malishevsky: Der Blogger ist das Gegenteil eines Journalisten. Der stellt seine Fragen einem Gegenüber und braucht Antworten. Ich stelle meine Fragen ins Nichts. Meine Beiträge werden erst von der breiten Masse beachtet, wenn sie von den Mainsteam-Medien aufgegriffen werden. Für Journalisten sind kontroverse Blogbeiträge außerdem oft die einzige Möglichkeit, über Themen zu berichten, an die sie sich sonst nicht herantrauen würden. So können sie die Verantwortung auf die Blogger abwälzen.
Stehen Journalisten in Weißrussland unter Druck?
Ein Gesetz bei uns erlaubt, ein Medium nach zwei Verwarnungen ohne Gerichtsbeschluss zu schließen. Nichtstaatliche Zeitungen werden schnell abgemahnt, sie müssen also ständig um ihre Existenz bangen.
Haben Sie als Blogger ähnliche Probleme?
Der 35jährige hat zehn Jahre bei der Tageszeitung Komsomolskaja Pravda in Minsk gearbeitet. Seit 2008 hat er einen Blog (malishevsky.livejournal.com), in dem er aktuelle Entwicklungen in Weißrussland kommentiert.
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Nein. Ich verdiene mit meinem Blog kein Geld, also fällt ein wichtiges Druckmittel weg. Blogger werden hier viel weniger beachtet als Journalisten. Es ist ein bisschen wie in der Sowjetunion. Damals sprach man von der Küchenopposition: Die Leute saßen in der Küche und redeten über Politik. Das war auch eine Möglichkeit, Dampf abzulassen. Doch in die sowjetischen Küchen passten immer nur drei, vier Leute hinein. Wir Blogger erreichen heute mehr Menschen.
Welche Themen aus Ihrem Blog sind besonders beliebt?
Alles, was mit Wirtschaft zu tun hat. Die Preise sind auf europäischem Niveau, die Gehälter nicht. Auch mein Beitrag über das absurde, weißrussische Existenzminimum war ein großer Erfolg. Da habe ich mir mal ausgemalt, wie ein Ehepaar einkaufen geht. "Liebling, kaufen wir Socken für mich?" - "Nein, Schatz, du hast erst vor drei Jahren ganze zwei Paar bekommen."
Haben Sie als Blogger einen gewissen Einfluss auf die politischen Prozesse?
Wenn Blogger Einfluss haben, ist dieser sehr unterschwellig. Dennoch sind die kleinen Kämpfe, die von Bloggern ausgetragen werden, sehr wichtig. Sie zeigen der Bevölkerung, das man etwas tun kann. Mein persönliches Ziel ist es, Absurditäten unserer Gesellschaft aufzuzeigen. Auch wenn das nicht viel ändert, bringt es die Leute wenigstens zum Lachen. Und das macht wiederum vieles erträglicher.
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