Weißes Haus reagiert auf Wikileaks: Die gedemütigten Staaten von Amerika
"Rücksichtslos","gefährlich", "verabscheuungswürdig": Bis zuletzt versuchte das Weiße Haus, die Wikileaks-Veröffentlichung zu stoppen. Nun wird beschwichtigt und gedroht.
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Minuten nach der Internetattacke schoss das Weiße Haus zurück. Die Wikileaks-Veröffentlichungen seien "rücksichtslos" und "gefährlich", erklärte Sprecher Robert Gibbs. Die Publikation der vertraulichen und teils geheimen Dokumente bringe Regimekritiker und Oppositionsführer auf der ganzen Welt in Gefahr, die im Kontakt mit US-Diplomaten stünden. Wikileaks habe mit den Enthüllungen das Leben und die Arbeit von Aktivisten riskiert, die sich für die Menschenrechte in der Welt starkmachten.
"Präsident Obama unterstützt ein verantwortliches, zuverlässiges und offenes Regieren daheim und in aller Welt, aber solch rücksichtsloses und gefährliches Handeln widerspricht diesen Zielen", heißt es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. Es liege in der Natur der Sache, dass die Berichte der Botschafter häufig offenherzig und inhaltlich unvollständig seien. "Es ist weder eine Ausdruck der Politik noch geht es immer in die endgültigen politischen Entscheidungen ein." Dennoch könnten die veröffentlichten Dokumente die Diskussion mit ausländischen Regierungen und Oppositionsführern beeinträchtigen.
Das US-Außenministerium hatte am Vortag mit einem Brief an Wikileaks-Gründer Julian Assange versucht, die erwartete Veröffentlichung in letzter Minute zu stoppen. Die Offenlegung der vertraulichen und zum Teil als geheim eingestuften Berichte amerikanischer Botschaften gefährde das Leben zahlloser Personen, heißt es in einem Schreiben von Rechtsberater Harold Hongju Koh.
Nach der Veröffentlichung wehrte sich Außenministeriumssprecher Philip Crowley vor allem gegen den Eindruck, amerikanische Diplomaten ließen sich als Spione einspannen. "Entgegen einigen Wikileaks-Veröffentlichungen sind unsere Diplomaten Diplomaten. Sie sind keine Geheimdienstmitarbeiter", twitterte Crowley am Sonntagabend. "Diplomaten sammeln Informationen, die unsere Politik und unser Handeln bestimmen", schrieb Crowley. "Diplomaten aller Nationen tun dasselbe."
Der Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz und Staatsangelegenheiten, Joseph Lieberman, verurteilte die Enthüllungen als "empörende, rücksichtslose und verabscheuungswürdige Aktion, die die Möglichkeit unserer Regierung und unserer Partner unterhöhlt, unsere Leute zu sichern und zusammenzuarbeiten, um unsere zentralen Interessen zu verteidigen."
Es bestehe kein Zweifel, erklärte der parteilose, den Demokraten nahestehende Senator, "dass die Verantwortlichen Blut an ihren Händen haben". Lieberman ermutigte die Obama-Regierung und Staatschefs in aller Welt, alle rechtlichen Schritte einzuleiten, um Wikileaks stillzulegen, bevor die Internetplattform mit weiteren Veröffentlichungen noch mehr Schaden anrichten könne.
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