■ Weinprobe: Gut Ding will Weile haben
Auferstanden aus Ruinen ist die Qualitätsweinproduktion Österreichs. Das schöne Nachbarland war im Jahr 1985 weinmäßig nach ganz unten geraten, endete doch der sogenannte Glykolskandal – Winzer hatten ihre Erzeugnisse in großem Stil mit Hilfe von Frostschutzmitteln aufzubessern versucht – mit dem totalen Zusammenbruch seines Weinmarktes. Das Debakel hatte offenbar kathartische Wirkung, denn heute präsentiert sich die österreichische Weinszene qualitätsbewußter denn je; vor allem Rieslinge aus der Wachau genießen mittlerweile Weltruf.
Dieses schnellebige Up-and- Down will so gar nicht zum Nikolaihof passen, dem traditionsreichen Anwesen von Christine und Nikolaus Saahs, gelegen in Mautern am rechten Ufer der Donau. Die Kapelle aus dem 15. Jahrhundert beherrscht die ansehnliche Hofstatt, auf der seit gerade mal knapp 1.000 Jahren der kostbare Rebensaft erzeugt wird. Das Gut strahlt wie seine Besitzer Ruhe und Gediegenheit aus, und dies scheint auch ihrer Produktphilosophie zu entsprechen. Hier wird nichts gestylt, designed, aufgepeppt, auch der Wein nicht – ein wenig die Flaschen, die, besonders dunkel eingefärbt und langhalsig, dem Wein mehr Schutz bieten sollen als gewöhnliche.
Schon seit 25 Jahren wirtschaften die Saahs naturnah, seit zehn Jahren nach den Prinzipien der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Der Lohn für diese konsequente Arbeit ist das Recht, als erstes Weingut Österreichs das staatliche „Austria- Bio-Kontrollzeichen“ auf die Flaschen kleben zu dürfen. Daß diese nicht eben unauffällig sind, zeugt von dem Selbstbewußtsein, mit dem Christine und Nikolaus Saahs ihre Ökophilosophie vertreten. Qualität nicht trotz, sondern wegen des Bioanbaus.
Ein Problem hat der Nikolaihof dann doch. Er liegt auf der „falschen“, der rechten Seite der Donau. Die Weinberge liegen hier kaum nach Süden zu, und das Gelände ist nach Osten hin offen, so daß kalter Wind ungehindert hineinfegen kann. Man ist also etwas im Nachteil gegenüber den anderen Spitzengütern der Wachau, deren Weinberge sich vom Nordufer der Donau südwärts neigen. Am deutlichsten spürt man dieses Manko vielleicht beim Basiswein des Hauses, dem Grünen Veltliner aus der Literflasche (12,10 Mark). Ordentlich gemacht, aber doch ohne außergewöhnliche Reize, auch vom spritzigen „Pfefferl“, den man beim jungen Grünen Veltliner so gern hat, läßt er wenig schmecken. Offenbar ist man hier zu Höherem berufen, denn die nächsthöhere „Federspiel“- Qualität des Veltliners erfreut als 1996er Vom Weingebirge leicht zugänglich mit angenehm leichtem Blütenduft und beeindruckt schmelzig-mineralisch den Gaumen (19,70 Mark).
Der 1996er Riesling, Federspiel Vom Stein, elegant und feinfruchtig, schmeichelt mit delikatem Säurespiel und einem frischen Rest von Kohlensäure, die auf die langsame Reifung hinweist (25,80). Überhaupt werden die besten Rieslinge vom Nikolaihof in ihrer Jugend oft unterschätzt, zeigen sie doch ihre wahre Kraft und Eleganz erst nach einigen Jahren. Gewiß, die Preise sind alles andere als niedrig, aber hier haben wir es schließlich mit einem der angesehensten Weingüter in einer der renommiertesten Weinregionen der Welt zu tun. Eberhard Schäfer
Die Weine vom Nikolaihof sind erhältlich bei der Weinhandlung Il Cantiniere, Charlottenstraße 2, Berlin-Kreuzberg, Telefon (030) 252 11 65.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen