Weil er 47 Kilo Gewicht verlor: Häftling klagt für mehr Kalorien

Broderick Lloyd Laswell sitzt in den USA in Untersuchungshaft - und ist ständig hungrig. Nun klagt er dagegen. Gibt es ein Menschenrecht auf mehr als 3.000 Kalorien am Tag?

Knastkost. Bild: ap

BERLIN taz Sagen wir es ganz offen: Broderick Lloyd Laswell ist dick. 187 Kilo schwer. Jedenfalls bei seiner Einlieferung ins Benton County Gefängnis in Bentonville, Arkansas, USA. Dort sitzt er seit acht Monaten in Untersuchungshaft, angeklagt wegen Mordes.

Inzwischen wiegt er nur noch 140 Kilo, ist meist hungrig - und schwächelt manchmal, wie er sagt: "Mehrmals war mir schummrig vor Augen, während ich Übungen machte, und ich fühlte mich, als würde ich ohnmächtig."

Fast einen Zentner runter in nur acht Monaten. Das klingt nach einer unwiderstehlichen Diät. Doch Laswell will gar nicht abnehmen. "Eine Stunde nach dem Essen knurrt mein Magen wieder." Und so klagt er vor einem Landgericht für einen Nachschlag.

Ein Gefängnissprecher rechtfertigte sich in The Morning News mit dem Hinweis, dass das Gefängnis durchschnittlich 3.000 Kalorien am Tag serviere. Damit liegen die Mahlzeiten am oberen Ende dessen, was ein Amerikaner im Schnitt verzehrt.

Aber Laswell ist eben kein Durchschnittsamerikaner und fühlt sich schlecht behandelt. "Wenn man den ganzen Tag in einer Zelle steckt und so gut wie keine Bewegung hat, sollte man kein Gewicht verlieren", heißt es in der Klageschrift, die er allein - ohne Anwalt - verfasst hat. "Der einzige Grund, warum wir hier Gewicht verlieren, ist, das man uns buchstäblich zu Tode hungern lässt."

Ganz nebenbei klagt Laswell über schwankende Portionen und verlangt warmes Essen. Bislang gibt es in seinem Gefängnis nur kalte Speisen - sicher eine Kostenfrage.

Es ist schon merkwürdig, dass ein Mann für mehr als 3.000 Kalorien am Tag vor Gericht zieht. Noch merkwürdiger freilich ist es, einem offensichtlich hungrigen Mann keinen Nachschlag zu gewähren. Und dabei ist Laswell noch nicht einmal verurteilt - er wartet lediglich auf seinen Prozess.

Die Boulevard-Zeitung New York Post vermeldete die Klage in ihrer Onlineausgabe unter der Rubrik "weird but true". Man darf gespannt sein, wie das zuständige Landgericht in Fayetteville reagiert, ob für die Richter auch Körperfett durch die Menschenwürde geschützt ist. Denn Dick-sein gilt als moralische Schwäche in den USA - und als Merkmal der Unterschicht.

Kein Wunder, dass hier der Begriff "Obesity epidemic" ("Fettleibigkeitsepidemie") geprägt wurde, weil sich die Dicken, den Warnern aus der Medizin zufolge, weltweit wie eine Epidemie ausbreiten. Das Schlagwort macht inzwischen auch in Deutschland die Runde und animiert die Politik zu Kampagnen für gesunde Ernährung - und macht Dicken schlicht ein schlechtes Gewissen.

Wohin das führen kann, davon bekommt man auf den Kommentarseiten der konservativen FreeRepublik einen Eindruck: "Das Beste, was ihm je passieren konnte" oder "Er ist kein Burger King, er kann es nicht auf seine Weise haben" (in Anlehnung an deren Werbung "have it your way") sind noch die netteren, der durchweg negativen Kommentare. Zu lesen ist dort auch "Toller Fortschritt - bei dieser Rate verschwindet der Hundesohn nach zwei Jahren komplett" oder "Hängt den fetten Bastard, er wird sich nicht mehr um sein Gewicht sorgen".

The Morning News weiß immerhin noch von einem weiteren Fall zu berichten, in dem sich ein Angeklagter über Gewichtsverlust bei einem Richter beschwerte. Laswell ist offenbar nicht der einzige Gefängnisinsasse in den USA, der an seinem Gewicht - und an seinem Wohlbefinden - hängt.

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