Wehrbeauftragter gegen Deutschlandradio: Nicht abwehrbereit
Dem Wehrbeauftragten des Bundestages passt ein Kommentar auf Dradio-Kultur nicht. Prompt wird der Beitrag im Netz gelöscht – verschwunden ist er aber nicht.
Es gehört zu den guten Gepflogenheiten bei Deutschlandfunk und Deutschlandradio, dass man Beiträge im Netz nachhören bzw. nachlesen kann. Beim Kommentar von Dradio-Kultur-Mitarbeiter Klaus Pokatzky über das jüngste Gelöbnis der Bundeswehr am 20. Juli geht das nun nimmermehr, zumindest nicht auf den offiziellen Sender-Seiten.
Der Beitrag wurde gelöscht, weil sich der Wehrbeauftragte des Bundestags, der FDP-Mann Hellmut Königshaus, darin verunglimpft sah und dem Sender auf vier (!) Seiten heftigst bis hin zum Strafrecht drohte. Was wiederum beweist, dass sie in der FDP bis auf Hans-Joachim Otto keinen haben, der sich mit Medien auskennt.
Königshaus hatte im Juli in Springers Welt kritisiert, dass das Gelöbnis nicht mehr durchgehend vor dem Reichstag, sondern abwechselnd nun auch im Bendlerblock – heute Sitz des Verteidigungsministers und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand – stattfindet. Unmöglich, schließlich habe Deutschland „eine Parlamentsarmee und kein Ministerialheer“, so Königshaus.
Pokatzky sah in den Einlassungen nun vor allem (un)gesundes Selbstbewusstsein und lästerte im Funk: „Früher gab es mal Wehrbeauftragte. Heute gibt es einen Ego-Beauftragten.“ Was Königshaus durch seine Rumpelreaktion prompt bestätigte. Der ganze Spaß ist übrigens zu hören und zu lesen auf www.bendler-blog.de.
Aber – und das ist der eigentliche Aufreger – Deutschlandradio-Chefredakteur Peter Lange kam den freundlichen Worten von Königshaus de facto nach und ließ den Stein des Anstoßes entfernen. Natürlich nicht, weil der Wehrbeauftragte mit Mobilmachung drohte. Sondern – und jetzt wird’s echt verlogen, und jeder im Sender weiß es – weil angeblich die Qualität von Pokatzkys Kommentar nicht genügte, weil darin „nicht stringent“ argumentiert worden sei. Treffer, versenkt. Und jetzt aber zack, zack, Helm ab zum Gebet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers