: Wegen deutscher Position besorgt
■ „Abstimmung“ der europäischen Position in der Frage der Abrüstung von Mittelstreckenraketen soll der CDU Verschnaufpause verschaffen / Genscher: „Sowjetunion beim Wort nehmen“
Berlin (afp/taz) - Der deutschen Position zu den Fragen der Abrüstung „kommt große Bedeutung zu“, erklärte der französische Premierminister Chirac vor seinem Treffen mit Bundeskanzler Kohl in Straßburg am Sonntagnachmittag. Die Bereitschaft eines Teils der Bundesregierung, der von Gorbatschow vorgeschlagenen Nullösung zuzustimmen, hat nach französichen Presseberichten „Besorgnis“ ausgelöst. Hatte sich Franz Joseph Strauß noch am Samstag gegen eine „reine Null–Lösung“ ausgesprochen und ein gemeinsames „europäisches Atomwaffen–Potential“ verlangt, forderte Außenminister Hans–Dietrich Genscher, Gorbatschow „beim Wort zu nehmen.“ Bei der Eröffnungsfeier der 33. Deutsch–Amerikanischen Freundschaftswoche in Ansbach rief er zudem dazu auf, den „Schulterschluß mit den USA“ zu bewahren. Da US–Außenminister Shultz sich zuletzt mit seiner Position der Akzeptierung ohne Null–Nullösung für Mittelstreckenraketen längerer und kürzerer Reichweite offensichtlich durchgesetzt hat, sieht sich Genscher innerhalb der Koalition in seiner Haltung bestätigt. Kooperation statt Konfrontation sei in den Beziehungen zwischen West und Ost verlangt, erklärte der Außenminister und fügte hinzu, daß eine Sowjetunion, die sich nach innen und außen öffne, für den Westen ein besserer Partner sei, als eine Supermacht, die sich abschließe. CDU–Generalsekretär Geißler hat sich am Samstag ebenfalls gegen ein Junktim in der Abrüstungsdiskussion sowie gegen eine „Nachrüstung bei Raketen kürzerer Reichweite“ ausgesprochen und damit eine von seinen Parteifreunden Todenhöfer und Dregger abweichende Position formuliert. „Eine Nachrüstung wäre sicher eine ganz überflüssige Sache“, meinte Geißler. „Wir wollen einen Erfolg der Verhandlungen nicht dadurch erschweren, daß wir jetzt zusätzlich Bedingungen aufstellen“, erklärte er.
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