Wegen „Sieg Heil“-Rufen vor Gericht: Prozess neu aufgerollt
Zwei ehemalige Polizeischüler, die während eines Basketballspiels Naziparolen gerufen haben sollen, müssen sich noch mal vor Gericht verantworten.
Ins Rollen gebracht hatten die Anklage zwei SozialarbeiterInnen, die das Spiel mit einer Gruppe von Geflüchteten besuchten. Dort war ihnen eine Gruppe junger Männer negativ aufgefallen, weil die einen Schwarzen Spieler mit Affengeräuschen beleidigt hätten. Später hätten sie aus der Gruppe mehrmals „Sieg Heil“-Rufe gehört, so die ZeugInnen. Nachdem sie den Sicherheitsdienst einschalteten, wurde die Polizei verständigt.
Beim ersten Prozess im Mai 2019 stellte sich heraus, dass es sich bei den Beschuldigten um Polizeischüler handelte. Damals saßen noch drei Polizeischüler vor Gericht und wurden zu Geldstrafen verurteilt (taz berichtete). Einer der Angeklagten akzeptierte die Geldstrafe, die beiden anderen gingen in Berufung und hatten Erfolg. Nach dreitägigen Verhandlungen wurden sie im Oktober 2020 freigesprochen.
Ein fatales Signal
„Wenn er es doch gesagt haben sollte, dann so leise, hinter vorgehaltener Hand.“ Damit seien die Rufe nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und damit nicht strafbar, begründete der Richter die Entscheidung. „Damit wird ignoriert, dass die Prozesse nur stattfinden konnten, weil die Rufe von Menschen außerhalb der Gruppe gehört wurden“, erklärte eine Prozessbeobachterin, die nicht namentlich genannt werden will.
Dass der Prozess jetzt noch einmal aufgerollt wird, sieht sie positiv. Gerade in einer Zeit, in der immer wieder von rechten Aktivitäten in der Polizei die Rede ist, sei es ein fatales Signal, wenn die Tat straffrei bliebe und die Beschuldigten weiter im Polizeidienst seien. Sollte es im dritten Anlauf noch zu einer Verurteilung kommt, könnte disziplinarisch gegen sie vorgegangen werden.
Der Polizeischüler, der das Urteil in erster Instanz akzeptiert hat, ist nicht mehr im Dienst. Die beiden anderen waren im Herbst 2019 noch während des Verfahrens zu Polizeibeamten auf Probe ernannt worden. Dies hatte der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader heftig kritisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist