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Wegen Leugnung des Holocausts10.000 Euro Strafe für Williamson

Der Holocaust-Leugner Richard Williamson ist zu einer Geldstrafe von 10 000 Euro verurteilt worden. Der 70-jährige Bischof der Piusbruderschaft hatte den Massenmord an den Juden bestritten.

Der Platz des Angeklagten Holocaust-Leugners Richard Williamson im Gerichtssaal des Regensburger Amtsgerichts blieb leer. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Richard Williamson wäre gerne nach Regensburg gekommen, ließ der Bischof der reaktionär-katholischen Piusbruderschaft durch seinen Anwalt Matthias Loßmann ausrichten. Doch die Piusbrüder hätten es ihm verboten. So verurteilte das Regensburger Amtsgericht am Freitag Williamson in Abwesenheit zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro wegen Volksverhetzung. Die Staatsanwaltschaft hatte 12.000 Euro Strafe gefordert.

Williamson hatte im Priesterseminar der Piusbrüder im bayerischen Zaitkofen im November 2008 dem schwedischen TV-Sender SVT 1 ein Interview gegeben, in dem er den Holocaust leugnete. Gaskammern habe es nicht gegeben, behauptete Williamson. Nicht sechs Millionen Juden seien in deutschen Lagern gestorben, sondern "zwei- oder dreihunderttausend". In Deutschland sind solche Aussagen strafbar. Williamson bekam vom Amtsgericht Regensburg im Herbst 2009 einen Strafbefehl von 12.000 Euro und legte dagegen Widerspruch ein.

Derzeit lebt Williamson unter Aufsicht der Piusbrüder in London. Dass er am Papstgeburtstag nicht in Regensburg auftrat, bewahrte die Kirche zumindest vor noch einem weiteren überflüssigen Skandal. Denn Williamson hat seine wirren Thesen keineswegs revidiert. Von London aus schickt er E-Mails an andere Piusbrüder, in denen er die Existenz von Gaskammern leugnet.

Die Piusbrüder können solche Ausfälle wenig gebrauchen. Die katholische Splittergruppe, die das zweite vatikanische Konzil ablehnt, kämpft in Rom um eine Anerkennung durch die Kirche. "Ich vertrete die Rechte eines Mandanten, dessen Ansichten ich für völlig unvertretbar halte", sagte Williamsons Anwalt Matthias Loßmann vor Gericht. Williamson sei davon ausgegangen, dass das Interview nur in Schweden gezeigt werde, argumentierte Loßmann. In Schweden ist Holocaust-Leugnung nicht verboten. Williamson habe sich zusichern lassen, dass das Interview nicht - wie geschehen - im Internet erscheine, so sein Verteidiger. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hat es eine solche Absprache nicht gegeben.

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8 Kommentare

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  • AL
    Amadeus Lassleben

    Josef Rigas Kommentar findet meine vollkommene Zustimmung.

     

    Muss nun jeder Mensch weltweit darauf gefasst sein, für Äußerungen die in dem jeweiligem Land komplett legal sind, sich in einem anderen Land vor Gericht wiederzufinden falls diese Äußerungen ihren Weg in das jeweilige Land finden?

    Ich bin leider nicht ausreichend in der Jurisprudenz bewandert um mir zu erklären wie es möglich ist dass auch nur die Anklage zustande kam aber vielleicht kann hier jemand Licht ins Dunkel bringen.

     

    Diese Möglichkeit hätte bzw. hat nämlich in unserer Global vernetzen Welt die logische und extrem problematische Folge dass solche die Meinungsfreiheit einschränkende nationale Gesetze plötzlich Global wirksam sind.

  • VK
    Vom Kopf auf die Beine

    @Beobachter

     

    Die Vorfaelle, auf die sich in Ihrer Mail beziehen, haben jedoch keinen neonazistischen Hintergrund, gell!

     

    Israelfeindliche Auesserungen und Aktivitaeten gehen in Deutschland inzwischen ueberwiegend von Taetern mit Migrationshintergrund aus. Die Rufe "Tod, Israel" konnte man auf Palestinenser-Demos hoeren - ebenso wie widerlichste antisemitische Plakate. Der Rabbi in Frankfurt wurde ebenso von einem Palestinenser niedergestochen wie der Wachmann vor der Berliner Synagoge mit einer Eisenstange attackiert wurde.

     

    Von dieser Seite wird es in Zukunft viel mehr Probleme geben als von dem Haeufchen "Neunazis".

  • T
    tazitus

    @Beobachter:

    Es gibt keine 70jährigen Altnazis. Es gibt 70jährige Neonazis. Zeit vergeht. Nazis bleiben. Jung und Neo. Leider.

  • AF
    Ariel Federspan

    Ja, da ist doch schon was Merkwuerdiges dran, wenn der Staat die Verweigerung des Nachbetens von staatlich verordneten Wahrheiten unter Strafe stellen muss... Kennt man eigentlich nicht von Demokratien, sondern eher von Diktaturen.

    Ist dies auf Deutschem Mist gewachsen?

    Vielleicht sollte Deutschland im Gegenzug sich auf eine Opferzahl des Hamburger Feuersturms festlegen - durch Abstimmung im Bundestag - und das Bezweifeln dann auch unter Strafe stellen?

    Oder auf die Zahl der Verfolgten und Getoeteten Palestinenser im NahOstKonflikt?

    Ueberhaupt, man koennte ja ein Geschichtsbuch in Schulen einfuehren, und die Schueler muessen dann alles auswendig lernen und einen Eid darauf ablegen.

    Erinnert Ihr Euch noch an die FDGO - Freiheitlich Demokratische Grund Ordnung... Und die beiden Fuesse mit denen man darauf steht...

  • S
    Seeräuber-Jens

    @ Riga

     

    Wer leugnet denn die Schwerkraft? Niemand. Niemand ist so blöd, die Schwerkraft zu leugnen.

     

    Wer leugnet den Holocaust? So blöd kann auch niemand sein: 6 Millionen Juden – Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lebten sie noch heute. Wo denn? 6 Millionen: Das wären ca. 20 Großstädte in der Größenordnung Wuppertals oder sechs immerhin noch in der Größenordnung Kölns – Städte, die es irgendwo im Osten geben müßte und vor sechzig Jahren noch nicht gab. Kann mir die irgendwer auf GoogleEarth zeigen? Ignoranz und Dummheit als Motive der Holocaustleugnung sind auszuschließen.

     

    Es ist offensichtlich, daß sechs Millionen Juden nicht mehr leben. Niemand kann das leugnen. Nur, wer absolut böswilligen Herzens ist. Das aber öffentlich zu äußern sehe ich durchaus als justiziabel. Das ist übelste Verhetzung, mehr noch: Verhöhnung der Opfer, Verhöhnung der Überlebenden.

     

    Oder aber, diese eine Möglichkeit gibt es auch noch: Daß jemand ernsthaft psychisch erkrankt wäre. Klar, es halten sich auch Leute für Adolf Hitler. Das scheint mir bei Williamson aber nicht der Fall zu sein.

  • S
    Seeräuber-Jens

    Was'n das für'n Quatsch.

     

    "Williamson habe sich zusichern lassen, dass das Interview nicht - wie geschehen - im Internet erscheine, so sein Verteidiger."

     

    Alles, was sich bewegt und irgendwie interessant ist, landet irgendwann auf YouTube. Wenn es der Sender selber nicht reinstellt, dann ein aufmerksamer Zuschauer, der es mitgeschnitten hat. Sogar Williamson-Predigten, sogar auf Deutsch, landen da.

  • B
    Beobachter

    Bemerkenswert ist, das 70jährige Altnazis belangt werden für die Leugnung der Schoa.

    Neunazis toben durch Europas Strassen und schreien "Juden ins Gas" (Niederlande) oder "Tod, Tod, Israel" (mehrere Länder auch Deutschland).

    Die UK Bilder sind so bekannt, ein weiterer Hinweis erübrigt sich.

    Weil man Neunazis nicht provozieren will in Deutschland, hängt die Polizei auch schon mal die eine oder andere Israel Flagge ab.

     

    Was sind wir doch eine tolle, tollerante Gesellschaft.

  • JR
    Josef Riga

    Die Verurteilung eines Menschen für dessen Nichtakzeptieren-wollen einer historischen Tatsache ist eine alberne und rechtstheoretisch äußerst problematische Angelegenheit. Wenn ein Mensch etwas nicht akzeptieren will, das eine physikalische Tatsache ist, z. B. die Wirkung der Schwerkraft auf alle Körper, was macht es z. B. für einen Sinn, ihn dafür abzustrafen? Er wird sich selbst bei der nächsten Gelegenheit bestrafen, in dem er etwa die Treppe hinunterfällt. Leugnet jemand hingegen eine historische Tatsache, etwa die Shoa oder die Existenz Napoleons, welchen Sinn hat hier Strafe? Man kann weder Dummheit (FAll 1) noch Ignoranz (Fall 2) bestrafen. Auch der Ungebildete, dem Napoleon oder der Holocaust nichts sagen oder bedeuten, kann unbekümmert leben und er kann sogar ein guter Mensch sein. Ebenso kann derjenige, der dauernd "6-Millionen-Tote" im Mund führt, ein unangenehmer Zeitgenosse sein. So, what?!

    Die Strafbarkeit der Holocaust-Leugnung ist ein Ausdruck dafür, dass die Shoa nicht als historische Tatsache genommen wird, sondern von der bundesdeutschen Gesellschaft als eine Art Lackmus-test für die richtige Gesinnung genommen wird, ähnlich der Aufstellung von Glaubensdogmen in alten kirchlich beherrschten Zeiten. Damit beschädigt man aber gerade die Authentizität des Judenmordes als historisches Ereignis. Und, bitte schön, ab wann soll es denn eine strafbare Leugnung sein, bis wohin historische Diskussion? Sind drei Millionen Tote noch o.k. oder müssen es genau 6 Millionen sein? Und warum wird die Leugnung der T 4 Aktionen oder des geplanten Genocids an den Slawen und Zigeunern und den Behinderten nicht unter Strafandrohung gestellt?

    Das kann man vielleicht mit den Deutschen machen, nicht aber mit freien Angelsachsen wie4 Bischof Williamson.