Wege zur Karstadt-Rettung: Mitarbeiter sollen zahlen
Der Karstadt-Insolvenzverwalter und die Gewerkschaft Ver.di verhandeln ab Dienstag darüber, was die Beschäftigten zur Rettung der Warenhäuser beitragen können.
BERLIN dpa/taz | Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di ist zu Zugeständnissen der Arbeitnehmer gegenüber Karstadt bereit. In den am Dienstag beginnenden dreitägigen Verhandlungen über einen Sicherungstarifvertrag wollen Gewerkschaften und Insolvenzverwalter um den Beitrag der rund 28.000 Beschäftigten ringen, den sie zur Sanierung der insolventen Arcandor-Tochter beitragen sollen. Einsparungen von 150 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren sind denkbar. Einschnitte könnte es beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld geben.
Dafür verlangt Ver.di Gegenleistungen. Laut einer Sprecherin des Ver.di-Bundesvorstandes soll es dabei vor allem um Sicherheiten gehen: "Wir möchten Gelder für die Mitarbeiter sichern, falls doch etwas schiefgeht", sagte die Sprecherin der taz, ein Treuhandmodell sei vorstellbar. Damit sollten Zustände wie bei Quelle verhindert werden.
Die bankrotte Karstadt-Schwester verfügt nach der missglückten Insolvenz über zu wenig Geld, um etwa Transfergesellschaften für die entlassenen Mitarbeiter zu finanzieren. Weiterhin fordert Ver.di zunächst einen Bestandsschutz aller Karstadt-Filialen sowie eine Beschäftigungssicherung, "soweit das insolvenzrechtlich zulässig ist", so die Sprecherin. Man verhandle unter dem Motto "Die Mitarbeiter geben, also müssen sie auch etwas bekommen".
Karstadt-Insolvenzverwalter Hubert Görg beantwortet dies mit "Kopfschütteln". Sein Sprecher Thomas Schulz betont, zunächst müssten wieder die Bedingungen gelten, die im Zukunftspakt vom vergangenen Jahr ausgehandelt worden seien. Schon darin hatte die Belegschaft auf Einkommen verzichtet. Die Vereinbarung habe aber nur bis zu dem Insolvenzantrag Karstadts Anfang Juni gegolten. Seitdem werden die Mitarbeiter der Handelskette wieder nach Tarif bezahlt. "Darüber müssen wir reden", sagte Schulz. Über die Bedingungen Ver.dis äußere man sich nicht öffentlich.
Insgesamt zeigt sich aber sowohl die Insolvenzverwaltung als auch die stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane optimistisch, Karstadt retten zu können. "Die Geschäfte liefen im Oktober besser als erwartet", sagte Mönig-Raane. Der Karstadt-Beauftragte Görgs sagte dem Focus, der Konzern arbeite im Gegensatz zu Quelle "ohne Verlust".
Unterdessen werfen die Gewerkschaften dem Insolvenzverwalter des Versandhändlers Versagen vor und fordern als Konsequenz aus den Erfahrungen eine Änderung des Insolvenzrechts. "Mitarbeiterschutz muss vor Gläubigerschutz gehen", sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Mittelfranken, Stephan Doll. Die Beschäftigten hätten im Insolvenzverfahren keine Rolle gespielt. Um das zu ändern, müssten Gewerkschaften und Betriebsräte in dem Verfahren stärker beteiligt werden.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung könnte Quelle in deutlich reduzierter Form weitergeführt werden. Zwei Investorengruppen hätten Konzepte vorgelegt. Görg äußerte sich dazu nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!