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Weg mit dem überflüssigen Plunder

Das neue Grundsatzprogramm der Liberalen soll Parteiziele auf wenige Themen verschlanken. Nach 27 Jahren Regierung attackiert die FDP die „Gefälligkeitsdemokratie“  ■ Aus Bonn Hans Monath

Die Grundidee des schlanken Staates will die FDP nun offenbar auch für die eigenen Grundsätze nutzen: Weg mit überflüssigen Aufgaben und altem Plunder, hin zur Konzentration auf einige wenige unverzichtbare Leistungen, heißt die aktuelle Devise. Im Entwurf für ein neues Grundsatzprogramm, das Generalsekretär Guido Westerwelle gestern in Bonn vorstellte, verabschiedet sich die gefährdete Koalitionspartei von den meisten Themen der Rechtsstaatliberalen und den linksliberalen Freiburger Thesen und stellt statt dessen auffällig Wirtschafts- und Steuerthemen ins Programmschaufenster.

Von den Denkkategorien der 70er Jahre distanzierte sich Westerwelle gestern ausdrücklich: Die Liberalen würden „Schluß machen mit der klassischen Aufteilung von Politik in rechts oder links“, versprach er. Die Geisteshaltung, die das neue Programm prägt, beschrieb der Generalsekretär mit den Worten „Leistungsbereitschaft, Toleranz und Weltoffenheit“. Der 46seitige Entwurf soll in den kommenden Monaten diskutiert und dann auf dem Parteitag von Karlsruhe im Juni verabschiedet werden.

Nach fast 27 Jahren Regierungsbeteiligung in Bonn entdecken die Liberalen nun die „Gefälligkeitsdemokratie“ als neues Feindbild, in der „allen alles“ versprochen werde, in der unpopuläre Entscheidungen ausblieben und die deshalb nicht länger zu finanzieren sei. „Auch wir haben zu oft mitgemacht bei der Gefälligkeitsdemokratie“, heißt es mit selbstanklägerischem Pathos. Und weiter: „Auch wir haben zuwenig Widerstand geleistet.“

In den kommenden Jahren will die FDP deshalb Deutschland vor allem durch ein Umsteuern in der Wirtschafts- und Steuerpolitik in eine „Verantwortungsgesellschaft“ verwandeln. Um die Staatsverschuldung abzubauen, wollen die Liberalen die Neuverschuldung im Grundgesetz verbieten und innerhalb von zehn Jahren ausgeglichene Haushalte erreichen. Per Verfassungsänderung wollen sie auch festschreiben, daß die Gesamtbelastung der Bürger durch Steuern und Abgaben maximal ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes betragen dürfe. Schließlich soll der Spitzensteuersatz für den einzelnen 50 Prozent nicht mehr überschreiten.

Neue Steuern wollen die Liberalen nur noch zulassen, falls eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag ihnen zustimmt. Ins Grundgesetz hineinschreiben wollen sie auch ein Privatisierungsgebot: Bund, Länder und Gemeinden müßten bei der Erledigung ihrer Aufgaben Privatunternehmen den Vorrang geben, falls diese die Leistungen zu gleichen Kosten erbringen könnten.

Woher die nach Steuersenkungen ausbleibenden Staatseinnahmen kommen oder welche seiner kostspieligen Leistungen der Staat dann einsparen soll, vermochte Generalsekretär Guido Westerwelle den Journalisten gestern allerdings nicht zu erklären.

Auch bei den sozialen Sicherungssystemen setzt die FDP auf Eigenverantwortung — ein „generelles Umdenken“ hin zu mehr eigenen Vorsorgemaßnahmen ist angeblich erforderlich. Die postulierte Verantwortung für die kommenden Generationen beziehen die Liberalen in dem Entwurf in erster Linie auf die Staatsausgaben. Zum Umweltschutz machten die zwölf Mitglieder der Programmkommission nur spärliche Aussagen, die zudem vage und teils tautologisch ausfallen.

Der Entwurf enthält allerdings einige kleinere Provokationen des neoliberalen Justemilieu, die Generalsekretär Guido Westerwelle bei der Vorstellung nicht hervorhob: So finden sich einige Zeilen zur Gleichberechtigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Die liberale Forderung nach der doppelten Staatsbürgerschaft taucht explizit nicht auf. Immerhin will das Programm „Ausländern, deren Lebensmittelpunkt auf Dauer Deutschland ist“, den Zugang zur deutschen Staatsbürgerschaft erleichtern.

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