Wechseljahr 2008: Defilee der Grenzdebilen
Wie fühlt sich Amerika? Dagmar Herzog über die Verfasstheit einer Changing Nation
"Rechts ist falsch" - Right is Wrong - so lautet der Titel von Arianna Huffingtons neuestem Buch. Der lange Untertitel sagts noch deutlicher: "Wie verrückte Extremisten die USA gekapert, die Verfassung untergraben und uns alle größerer Unsicherheit ausgesetzt haben (und was Sie wissen müssen, um dem Wahn ein Ende zu machen)."
In den 1990er-Jahren war Huffington eine Republikanerin; noch im Jahr 2000 ein Fan von John McCain. Aber in den letzten Jahren hat sie sich zu einer der bedeutendsten Figuren der linksliberalen Medienlandschaft gewandelt. Ihre Website, The Huffington Post (www.huffingtonpost.com), hatte im letzten Monat gut fünf Millionen Besucher.
Genauso wichtig wie die von ihr gelieferten kritischen Informationen ist ihre Analyse der Misere der Mainstream-Medien in den USA, inklusive der selbsternannten liberalen Medien. Sie zeigt die Mechanismen auf, mit denen sie die Themenfokussierungen und Argumente (talking points) der Rechtsradikalen aufnehmen, Trivialitäten obsessiv durch die Talkmaschinerie jagen, während sie wichtige Geschichten ignorieren und "Parität für Lügen" bieten.
Die Auswahl der Themen ist in der Tat schwer nachvollziehbar. Dass die 15-jährige Sängerin Miley Cyrus sich halbnackt in einem Betttuch eingewickelt fotografieren ließ, verdient scheinbar endlose Diskussionen. Hat sie ihrer Karriere geschadet? Was sagen hierzu die Umfragen? Sollte sie sich beim Publikum entschuldigen?
Ist Barack Obama tatsächlich elitär und abgehoben, unfähig, sich mit den Schwierigkeiten des Durchschnittsamerikaners zu identifizieren? (Als ob McCain oder Hillary Clinton das besser könnten.) Wird al-Qaida auf den Straßen tanzen, wenn Obama gewählt wird? (Als ob nicht McCains Fortsetzung des Irakkriegs ein größeres Geschenk für al-Qaida wäre.) Hat Obama sich ausreichend von seinem verbitterten und offensichtlich aufmerksamkeitssüchtigen Pastor abgesetzt? (Als ob McCain und Clinton nicht auch von äußerst problematischen Pastoren unterstützt würden - in McCains Fall der antikatholische "christliche Zionist" John Hagee, der Gottes Triumph gegen eine Satansarmee aus Arabern und Russen erwartet; in Clintons Fall der rechtsradikale Evangelikale Douglas Coe, der seiner Gefolgschaft empfiehlt, so hingebungsvoll gegenüber Jesus zu werden wie die Nazis zu Hitler.)
Andere Nachrichten der vergangenen Wochen fallen einfach gleich unter den Tisch. Erst kam heraus, dass Vizepräsident Dick Cheney, zusammen mit Condoleeza Rice, an der offiziellen Entscheidung beteiligt war, der CIA Foltertechniken samt Waterboarding zu erlauben; das Weiße Haus war also von Anfang an involviert. Dann stellte sich heraus, dass die Militärmänner, die im Fernsehen als angeblich neutrale Experten zum Thema Irakkrieg herangezogen werden, vom Pentagon gebrieft sind, um die Positionen des Weißen Hauses zu vertreten - und ihren Kumpanen lukrative Verträge in der Militärwirtschaft bieten. Skandale? Mitnichten. Zu diesen Fällen gab es kaum weitere Meldungen.
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