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Wechsel in die EU-KommissionMerkel schiebt Oettinger ab

Die Union schickt Ministerpräsident Oettinger als nächsten deutschen Kommissar nach Brüssel. Die CDU in Baden-Württemberg ist mit Oettingers Weggang ein großes Problem los.

"Viel Spaß in Brüssel!": Merkel spricht mit Oettinger. Bild: ap

STUTTGART taz | Günther Oettinger nach Brüssel? Als am Samstag die Meldung die Runde machte, dass Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident in die EU-Kommission wechseln wird, zeigten sich im Ländle alle verblüfft. Inklusive Oettinger: "Ich bin überrascht worden", sagte er. Merkel habe ihn erst am Freitag informiert.

Damit verlässt der Ministerpräsident sein Bundesland zwar mit dem Verdienst, 2008 einen Haushalt ohne Schulden vorgelegt zu haben, allerdings befindet sich das Land in der schwersten Krise seiner Geschichte. Die Wirtschaftsleistung bricht in diesem Jahr um 8 bis 9 Prozent ein. "Kanzlerin Angela Merkel zieht einen angeschlagenen Ministerpräsidenten aus dem Verkehr", sagte SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel. Die Grünen im Landtag sprachen von Flucht vor der Verantwortung und warfen ihm vor, ein europäisches Leichtgewicht zu sein.

Dabei wird die Nachfolge wahrscheinlich reibungslos vonstattengehen: Stefan Mappus, der 43-jährige Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion. Er gilt als Gegner einer nach der Wahl 2011 durchaus denkbaren schwarz-grünen Koalition. Der Grüne Fraktionschef Winfried Kretschmann hält ihm zugute, dass das als vorbildlich geltende Wärmegesetz des Bundeslandes in seiner Fraktion entwickelt wurde. "Er ist ein robuster Machtpolitiker, der den traditionellen Teil der CDU als seine Marktlücke entdeckt hat", sagte Kretschmann zur taz.

Am Montag tagt der CDU-Landesvorstand, am Dienstag die Fraktion, im November könnte auf dem Landesparteitag die Basis der Nachfolgeregelung zustimmen. Angesichts der Krise des Landes wird sich die CDU kaum auf eine lange Personaldebatte einlassen wollen. Mögliche Mitbewerber sagten umgehend ab: Der Unionsvorsitzende der Bundestagsfraktion, Volker Kauder, etwa ist viel zu wichtig für die Machtarithmetik von Angela Merkel in Berlin. Ebenfalls im Gespräch: Die CDU-Umweltministerin im Südwesten, Tanja Gönner. Sie unternahm nicht einmal den Versuch, Interesse auch nur anzudeuten.

Der 56-jährige Oettinger hat seine letzte Chance zum Aufstieg genutzt. Seine Beliebtheitswerte sind in Umfragen grausig, bei der Bundestagswahl schnitt die CDU im Südwesten schlecht ab. Die Grünen überflügeln die CDU in wichtigen Städten. An der Basis machte sich Angst vor einem Absturz bei der Landtagswahl 2011 breit, auch wenn von dort nie ein Aufstand gegen den gut vernetzten Ministerpräsidenten zu befürchten war. Seit 1953 stellt die CDU ununterbrochen den Ministerpräsidenten im Südwesten. Doch wurden sie allesamt während der Legislaturperioden inthronisiert. Landtagswahlen finden hier grundsätzlich mit Amtsbonus statt.

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14 Kommentare

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  • G
    GonZoo

    Deutschlands provinziellster Politiker - ausgerechnet zur EU?

     

    Was befähigt Oettinger, ausgerechnet auf internationalem Parkett Großes für uns zu leisten?

     

    Ist es seine ausgeprägte Provinzialität, gestählt auf Parteitagen in Albstadt-Onstmettingen und Schwäbisch-Gmünd?

    Seine Weltfremdheit, durch die absurde Geldvernichtungsprojekte wie "Stuttgart 21" möglich wurden?

    Seine Mitgliedschaft in der schlagenden Studentenverbindung "Landsmannschaft Ulmia zu Tübingen"?

    Seine nachhaltig und wiederholt bewiesene Fähigkeit, zielsicher Fettnäpfe zu finden und hineinzutreten, die ihn als echten Diplomaten ausweist?

     

    Bestimmt wird er niederländischen und polnischen Vertretern bei der EU detailreich und glaubwürdig in bestem Schwäbisch darlegen können, warum Hans Frank (auch ein Baden-Württemberger) und Arthur Seyß-Inquart eigentlich als Widerstandskämpfer gegen Hitler gelten sollten, obwohl sie in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt wurden.

     

    Es steht nirgends geschrieben, daß man für einen gescheiterten und selbst von den eigenen Leuten verachteten Ministerpräsidenten einen ganz persönlichen Sozialplan erstellen muß. Bei der üppigen Pension, die ihm zusteht, muß er keineswegs auch noch an anderer Stelle einen Job annehmen bzw. Fehler machen.

     

    Wer die EU als Abraumhalde für gescheiterte Politiker mißbraucht muß sich hinterher nicht über die Entscheidungen aus Brüssel wundern.

  • VR
    Volker Rockel

    Politische Zweitklassigkeit, fördert politische Drittklassigkeit...

     

     

    Das EU-Parlament täte gut daran, sich der Abschiebung des Herr Oettinger auf einen Posten in die EU-Kommission, schon aus Prinzip zu verweigern!

     

     

    Möglicherweise ist es Frau Merkel noch nicht ausreichend deutlich geworden: Bei der Besetzung von Ministerämtern (und Staatsekretären!), wie auch bei der Besetzung der EU-Kommission, geht es vorrangig um Eignung und Befähigung der zukünftigen Amtsinhaber!

     

    Und es gab auch in diesem Lande mal eine Zeit, in dem der Anspruch an Erstklassigkeit der Politiker, die Bewerberauswahl bestimmt hat!

     

    Derzeit könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass in diesem Land politische Zweitklassigkeit, politische Drittklassigkeit fördert und politische Erstklassigkeit verhindert?

  • M
    Marie

    @ vic: sehe das auch so. Vor der nächsten EU-Wahl erzählen sie uns wieder, wie wichtig die EU ist. Naja, als Versorgungsbahnhof sicherlich.

  • J
    jonas

    In den Nachrichten hat die mächtigste Merkelin aller Zeiten jedem erzählt, was der Herr Öttinger doch für ein politisches Schwergewicht ist...

    Im Europaparlament schauen die sich nur an und fragen, wer der Herr Öttinger denn sein soll?

    Das ist wieder ganz klare machtorientierte Politik: Die Landtagswahl könnte eng werden -> CDU-Einfluss im Bundesrat ist in Gefahr -> absägen und ins Altenteil schicken.

    Und am wichtigsten: Das ganze als klaren Aufstieg verkaufen.

  • V
    vic

    Oettinger nach Brüssel! Das zeigt deutlich Merkels Wertschätzung für das EU-Parlament.

    Nun wird wird die BRD also von Stoiber und Oettinger vertreten. Na wenn das keine glanzvollen Visitenkarten sind.

    Ich fürchte allerdings, jetzt muss schon wieder eine neue Amtssprache aufgenommen werden.

  • TV
    Thomas von Stuttgart

    Mir war zwar klar dass unsere BaWü-Schwarzen langsam Bammel vor der nächsten Landtagswahl haben, aber das was sich jetzt zeigt ist ja die reine Panik. Jetzt bin ich blos noch gespannt, wo unser OB Schuster auf einmal ganz dringend gebraucht wird. In unseren aufgeblähten Bürokratien müßte es eigentlich genug Entsorgungsposten geben.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Politischer Raufbold statt visionärer Politiker

    -----------------------------------------------

     

    Mit Stefan Mappus hebt die Landes-CDU einen politischen Raufbold aufs Schild - ein wahrlich schwarzer Tag fürs Ländle!

     

    Baden-Württemberg - mit seinen noch 30% Beschäftigten im Industriesektor - steht vor einem gewaltigem Strukturwandel. In der autolastigen Industrie stehen hunderttausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel. Deshalb sind jetzt Erfinderreichtum und srukturelle Innovationen im Schulsystem gefragt.

     

    MP Oettingers Forderung nach einer höheren MwSt war im Prinzip richtig, passte aber Angela Merkel nicht ins Konzept. Durch eine schrittweise Erhöhung der MwSt auf EU-konforme 25% - wie heute schon in Schweden, Dänemark und Ungarn der Fall - und einem MwSt-Freibetrag pro BürgerIn kann der erforderliche Strukturwandel positiv flankiert und Firmenneugründungen erleichtert werden, weil dadurch der Faktor ARBEIT billiger werden kann.

     

    Baden-Württemberg braucht dafür nicht nur die besten Ingenieure und Facharbeiter, sondern auch die besten Lehrer und Erzieher und ein zukunftsweisendes Schulsystem wie dies von schwarz-grün in Hamburg realisiert wird.

     

    Die heutige Stellung Baden-Württembergs - mit vier Eliteuniversitäten in Baden - beruht auf einem fortschrittlichen (Berufs-)Schulsystem vor rund 150 Jahren.

     

    Für ein zukunftsweisendes Schulsystem mit einer sechjährigen, kommunalen Basisschule und zwei Säulen die darauf aufbauen als sechjähriges Aufbaugymnasium und einer ebenfalls sechsjährigen, völlig neu konzipierten Kollegschule, die allgemeinbildend, profilbildend und berufsbildend ist, braucht es visionärer Politiker.

     

    Stefan Mappus ist dies nicht!

     

    Dr. Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe

    www.unternimm-die-schule.de

  • G
    GonZoo

    Deutschlands provinziellster Politiker - ausgerechnet zur EU?

     

    Was befähigt Oettinger, ausgerechnet auf internationalem Parkett Großes für uns zu leisten?

     

    Ist es seine ausgeprägte Provinzialität, gestählt auf Parteitagen in Albstadt-Onstmettingen und Schwäbisch-Gmünd?

    Seine Weltfremdheit, durch die absurde Geldvernichtungsprojekte wie "Stuttgart 21" möglich wurden?

    Seine Mitgliedschaft in der schlagenden Studentenverbindung "Landsmannschaft Ulmia zu Tübingen"?

    Seine nachhaltig und wiederholt bewiesene Fähigkeit, zielsicher Fettnäpfe zu finden und hineinzutreten, die ihn als echten Diplomaten ausweist?

     

    Bestimmt wird er niederländischen und polnischen Vertretern bei der EU detailreich und glaubwürdig in bestem Schwäbisch darlegen können, warum Hans Frank (auch ein Baden-Württemberger) und Arthur Seyß-Inquart eigentlich als Widerstandskämpfer gegen Hitler gelten sollten, obwohl sie in den Nürnberger Prozessen zum Tode verurteilt wurden.

     

    Es steht nirgends geschrieben, daß man für einen gescheiterten und selbst von den eigenen Leuten verachteten Ministerpräsidenten einen ganz persönlichen Sozialplan erstellen muß. Bei der üppigen Pension, die ihm zusteht, muß er keineswegs auch noch an anderer Stelle einen Job annehmen bzw. Fehler machen.

     

    Wer die EU als Abraumhalde für gescheiterte Politiker mißbraucht muß sich hinterher nicht über die Entscheidungen aus Brüssel wundern.

  • VR
    Volker Rockel

    Politische Zweitklassigkeit, fördert politische Drittklassigkeit...

     

     

    Das EU-Parlament täte gut daran, sich der Abschiebung des Herr Oettinger auf einen Posten in die EU-Kommission, schon aus Prinzip zu verweigern!

     

     

    Möglicherweise ist es Frau Merkel noch nicht ausreichend deutlich geworden: Bei der Besetzung von Ministerämtern (und Staatsekretären!), wie auch bei der Besetzung der EU-Kommission, geht es vorrangig um Eignung und Befähigung der zukünftigen Amtsinhaber!

     

    Und es gab auch in diesem Lande mal eine Zeit, in dem der Anspruch an Erstklassigkeit der Politiker, die Bewerberauswahl bestimmt hat!

     

    Derzeit könnte man fast den Eindruck gewinnen, dass in diesem Land politische Zweitklassigkeit, politische Drittklassigkeit fördert und politische Erstklassigkeit verhindert?

  • M
    Marie

    @ vic: sehe das auch so. Vor der nächsten EU-Wahl erzählen sie uns wieder, wie wichtig die EU ist. Naja, als Versorgungsbahnhof sicherlich.

  • J
    jonas

    In den Nachrichten hat die mächtigste Merkelin aller Zeiten jedem erzählt, was der Herr Öttinger doch für ein politisches Schwergewicht ist...

    Im Europaparlament schauen die sich nur an und fragen, wer der Herr Öttinger denn sein soll?

    Das ist wieder ganz klare machtorientierte Politik: Die Landtagswahl könnte eng werden -> CDU-Einfluss im Bundesrat ist in Gefahr -> absägen und ins Altenteil schicken.

    Und am wichtigsten: Das ganze als klaren Aufstieg verkaufen.

  • V
    vic

    Oettinger nach Brüssel! Das zeigt deutlich Merkels Wertschätzung für das EU-Parlament.

    Nun wird wird die BRD also von Stoiber und Oettinger vertreten. Na wenn das keine glanzvollen Visitenkarten sind.

    Ich fürchte allerdings, jetzt muss schon wieder eine neue Amtssprache aufgenommen werden.

  • TV
    Thomas von Stuttgart

    Mir war zwar klar dass unsere BaWü-Schwarzen langsam Bammel vor der nächsten Landtagswahl haben, aber das was sich jetzt zeigt ist ja die reine Panik. Jetzt bin ich blos noch gespannt, wo unser OB Schuster auf einmal ganz dringend gebraucht wird. In unseren aufgeblähten Bürokratien müßte es eigentlich genug Entsorgungsposten geben.

  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Politischer Raufbold statt visionärer Politiker

    -----------------------------------------------

     

    Mit Stefan Mappus hebt die Landes-CDU einen politischen Raufbold aufs Schild - ein wahrlich schwarzer Tag fürs Ländle!

     

    Baden-Württemberg - mit seinen noch 30% Beschäftigten im Industriesektor - steht vor einem gewaltigem Strukturwandel. In der autolastigen Industrie stehen hunderttausende von Arbeitsplätzen auf dem Spiel. Deshalb sind jetzt Erfinderreichtum und srukturelle Innovationen im Schulsystem gefragt.

     

    MP Oettingers Forderung nach einer höheren MwSt war im Prinzip richtig, passte aber Angela Merkel nicht ins Konzept. Durch eine schrittweise Erhöhung der MwSt auf EU-konforme 25% - wie heute schon in Schweden, Dänemark und Ungarn der Fall - und einem MwSt-Freibetrag pro BürgerIn kann der erforderliche Strukturwandel positiv flankiert und Firmenneugründungen erleichtert werden, weil dadurch der Faktor ARBEIT billiger werden kann.

     

    Baden-Württemberg braucht dafür nicht nur die besten Ingenieure und Facharbeiter, sondern auch die besten Lehrer und Erzieher und ein zukunftsweisendes Schulsystem wie dies von schwarz-grün in Hamburg realisiert wird.

     

    Die heutige Stellung Baden-Württembergs - mit vier Eliteuniversitäten in Baden - beruht auf einem fortschrittlichen (Berufs-)Schulsystem vor rund 150 Jahren.

     

    Für ein zukunftsweisendes Schulsystem mit einer sechjährigen, kommunalen Basisschule und zwei Säulen die darauf aufbauen als sechjähriges Aufbaugymnasium und einer ebenfalls sechsjährigen, völlig neu konzipierten Kollegschule, die allgemeinbildend, profilbildend und berufsbildend ist, braucht es visionärer Politiker.

     

    Stefan Mappus ist dies nicht!

     

    Dr. Ludwig Paul Häußner, Karlsruhe

    www.unternimm-die-schule.de