Washingtoner Artenschutzabkommen: Erfolg für Haie, Schlappe für Aale
Die Konferenz in Samarkand beschließt erstmals ein globales Handelsverbot für eine Haiart. Der Versuch, alle Aal-Arten besser zu schützen, scheitert.
100 ja, 22 nein – die Mitgliedsstaaten des Washingtoner Artenschutzabkommens haben auf ihrer Konferenz in Samarkand ein globales Handelsverbot für den Weißspitzenhochseehai beschlossen. Dieser große, schnelle Hai schwamm vor einigen Jahren noch massenhaft durch die Weltmeere. Überfischung, der Klimawandel und die Verschmutzung der Ozeane haben seinen Bestand so sehr dezimiert, dass er vom Aussterben bedroht ist.
Nun wird er als erste Haiart überhaupt auf Anhang I der „Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora“, kurz CITES, gelistet. Damit ist der grenzüberschreitende Handel mit den Tieren und ihren Bestandteilen verboten. Vor allem seine für Fischsuppe begehrten Flossen erzielen auf Märkten in China oder Japan hohe Preise. „Das ist ein historischer Durchbruch“, sagt Sandra Altherr, die die Verhandlungen für die Tierschutzorganisation Pro Wildlife beobachtet.
Seit dem 24. November – und noch bis 5. Dezember – verhandeln auf der 20. Konferenz der Mitgliedsstaaten von CITES rund 3.000 Teilnehmer:innen in Usbekistan darüber, ob und wie bedrohte Tier- und Pflanzenarten gehandelt werden dürfen. Seit 1973 legt Cites Regeln für den internationalen Handel von etwa 32.800 Pflanzen- und 6.000 Tierarten fest. In Samarkand wird es nach den Pflanzen, Fischen und Amphibien in der nächsten Woche um die Säugetiere gehen. Mit Spannung wird etwa erwartet, ob Namibia sich mit dem Antrag durchsetzt, den Handel mit dem Horn vom Aussterben bedrohter Nashörner wieder eingeschränkt zu erlauben.
Am Freitag geht es allerdings zunächst weiter um Haie und Rochen. Altherr hofft auf Handelsverbote auch für Tiefseehaie. „Dort herrscht bislang völlig wilder Westen“, sagt sie. Bislang müssen die Behörden der CITES-Mitgliedstaaten den Handel von rund 150 Hai- und Rochenarten zwar kontrollieren, verboten ist er aber noch nicht. „Es gibt viel Gegenwind für solche Verbote von der Fischerei-Industrie, vor allem China und Japan wollen Haie nicht strenger schützen“, sagt Altherr. Vor allem Japan als Inselstaat lehne eine Begrenzung von Meeresressourcen generell ab.
Handelsverbot ist Durchbruch
„Für Haie wird immer erst dann etwas getan, wenn sie richtig in Not sind“, sagt Heike Zidowitz, die Expertin für Haie und Rochen der Naturschutzorganisation WWF. Zidowitz wünscht sich vor allem Handelsverbote für Haiarten, die für die Gewinnung von Squalen getötet werden. Dieses Öl ihrer Leber dient als Grundstoff für Cremes, Lotionen, Sonnencremes, Lippenstifte und Haarpflegemittel. „Wir vernichten Arten, um sie als Rohstoff für Kosmetika zu nutzen“, sagt Zidowitz, „das muss aufhören“.
Das Handelsverbot für den Weißspitzenhochseehai aber sei ein Durchbruch, da sind sich beide Aktivistinnen einig. CITES könne Arten nachhaltig schützen, sagt Altherr. Anders als bei anderen Abkommen existierten Sanktionsmöglichkeiten, und mit den staatlichen Naturschutz- und Zollbehörden gebe es auch Kontroll-Institutionen. „Wenn ein Land in illegalen Handel verwickelt ist, drohen ihm im schlimmsten Fall Sanktionen, dann würden andere Länder den Handel mit gelisteten Wildtieren und Pflanzen mit diesem Land komplett einstellen.“ Das passiert immer mal wieder, bislang beispielsweise mit Laos oder Kambodscha. „CITES hat Zähne“, sagt Zidowitz, „darum schätze ich es sehr.“
Es gibt allerdings bedrohte Arten, die bislang nicht von dem Abkommen profitieren. Aale zum Beispiel. Am Donnerstag haben sich die Mitgliedsstaaten mit einer sehr großen Mehrheit dagegen entschieden, den Fisch künftig strenger zu schützen. Dem Antrag der EU, alle 17 weltweit bekannten Aal-Arten im Anhang II zu listen, haben nur knapp 26 Prozent der Delegierten zugestimmt.
Pech für den merkwürdigen Fisch, der auszusterben droht, bevor das Geheimnis seiner Fortpflanzung gelüftet ist. Die Paarungs- und Kinderstube des Europäischen Aals ist im Westatlantik, in großen Tiefen in der Sargassosee. Die jungen Aale schwimmen durch den Ozean bis nach Europa, verbringen ihr Leben dort im Süßwasser – und kehren zu Paarung und Laichen zurück in die Sargassosee. Während Flüsse und Bäche in Europa früher vor Aalen wimmelten, ist ihr Bestand seit den 70er Jahren zu 98 Prozent zurückgegangen.
Die Bestände anderer Arten wie etwa dem Japanischen oder Amerikanischen Aal sind nicht so gut erforscht, so Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Instituts für Fischereiökologie in Bremerhaven, Gleichwohl könne man davon ausgehen, dass sie ebenfalls gefährdet sind. Die Fische leiden unter Verschmutzung, Klimawandel und Wasserwerken, die die Wanderung der Tiere verhindern. Beim Aal kommt hinzu: Werden Tiere in Flüssen und Bächen in Europa gefangen, können sie sich nicht mehr vermehren. Der Internationale Rat für Meeresforschung empfiehlt daher seit Jahren einen kompletten Fangstopp für Europäische Aale.
Die globalen Handelsbeschränkungen unter CITES haben inzwischen zu einem Schwarzmarkt geführt, auf dem Schmuggler Aale in Koffern per Flugzeug nach China transportieren. Dieser Markt ist laut Interpol inzwischen milliardenschwer.
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