: Waschechter High-Tech
■ »Kikuchi« von Kenchi Iwamoto
Erst die Arbeit, und dann... rein gar nichts: Kikuchi, ein Durchschnittstyp Anfang Zwanzig, tut seine Arbeit in einem supermodernen Waschcenter. Eine säuberliche Welt vollautomatischer Reinheit und aseptischen Empfindens, gleichsam die reine Unschuld im letzten Spülgang. Im Neonnebel des Waschsalons taucht eines Tages ein Neuer auf. Die Verständigung beschränkt sich auf die Maßregeln zur schonenden Handhabung der Apparaturen. Stumm wie die Fische schlucken beide in der Pause ihr Fast- Food, Rücken an Rücken, überdröhnt von den Motoren. Eine Zeitbombe zum Überkochen.
Kikuchi ist heimlich in die Kassierin eines Supermarktes verliebt. Unbemerkt beobachtet er sie, schleicht ihr nach und wacht nachts vor ihrem Fenster. Ein imaginäres Verhältnis, in dem Nähe Panik auslöst und Kikuchi Zuflucht zur Leere der eigenen vier Wände nimmt. Eine Katze wirkt im aufgeräumten häuslichen Domizil, zwischen Tisch, TV und Telefon wie ein schamloser Triebtäter und muß rigoros von der Bildfläche verschwinden.
Kikuchis Kollege, der schlecht funktionierte und sich sogar mit dem Chef anlegte, wird von einem ersetzt werden, der sich unauffällig anpassen kann. Ein folgsames Rädchen im Getriebe, das durchdreht, als zutage kommt, mit wem es das Mädchen seiner Träume die ganze Zeit über treibt.
Keine konventionelle Geschichte, die der 1961 geborene Japaner Kenchi Iwamoto in seinem unabhängig produzierten Spielfilm erzählt (mit dem er auf dem Internationalen Forum des Jungen Films 1991 erfolgreich debütierte). In minimalistischer Inszenierung zeichnet er in wenig mehr als einer Stunde das Bild eines seelenlosen Zustandes, genauer: eines beklemmenden Vakuums. Starr blickt die Kamera in einem Sog von Signalen auf grau-blauen Dunst, frontal, symmetrisch, Schall und Rauch im Widerhall latenter Angst. Sieben Tage High-Tech in perfekt kalkulierter Kommunikationslosigkeit. Eine eisig-dumpfe Detonation auf Zehenspitzen. Roland Rust
Kikuchi , Buch und Regie: Kenchi Iwamoto, Kamera: Hideyo Fukuda. Mit Jiro Yoshimura u.a., Japan 1990, 35 mm, Farbe, 68 Min. fsk, Wiener Straße.
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