piwik no script img

Was tun in Hamburg?

Foto: Thomas Aurin

Sa, 25. 6., 20 Uhr + So, 26. 6., 15 Uhr, Schauspielhaus

Viel Gemurmel

„Murmel.“ Ein einziges, immer wieder wiederholtes Wort, 176 Seiten lang auf gebräuntem Papier abgedruckt. 1976 hat der Schweizer Dichter, Grafiker und Aktionskünstler Dieter Roth das Buch im Selbstverlag veröffentlicht, ausdrücklich als Bühnenstück. Herbert Fritsch hat 2012 an der Berliner Volksbühne daraus einen der großen Theaterhits der vergangenen Jahre gemacht: anderthalb Stunden lang nur „Murmel Murmel“, mal monoton aufgesagt, mal chorisch gesungen, dann geschrien, geflüstert, buchstabiert, getanzt usw. usf. Dazu gibt‘s akrobatisches Körpertheater, Tanzgymnastik, den Musiker Ingo Günther und sein Marimbafon und viel Fritsch-typischen Slapstick. Ein virtuoses theatrales Nichts-Aussagen irgendwo zwischen minimalistischer Oper und Las-Vegas-Revue.

 Pünktlich zum Gemurmel über die Zukunft des Berliner Traditionshauses unterm kommenden Intendanten Chris Dercon – gegen dessen Konzept die Theater-Belegschaft gerade Sturm läuft und mit dem auch Fritsch nichts anfangen kann – ist das Stück zweimal im Schauspielhaus zu sehen. Sozusagen als satirischer Kommentar zur Bla-bla-bla-Debatte ums Sprechtheater: Wer da nicht beiwohnt, hat was verpasst. Nur was?

Fr, 1. 7., 21 Uhr, „MS Stubnitz“

Liebe zum Zufall

Über den Zufall spricht Daniel Glatzel, der Chef des 18-köpfigen Berliner Andromeda Mega Express Orchestra, als rede er über eine Liebesbeziehung. Offen und unverbindlich müsse man annehmen, was entstehe, „so wie eine solche Verbindung eben ist“. Nicht zu viel werten und einsortieren. Aber feinfühlig genug rangehen, dann nämlich steht der Reise nichts mehr im Weg: auf in „ungeahnte Gebiete“, zu „neuen Zuständen“, namentlich: zur „Wahrhaftigkeit“.

 Ganz praktisch sieht das so aus: Der junge Komponist schmeißt den gesamten Inhalt seiner Festplatte in die Playlist und drückt: Shuffle. Und dann folgt Bela Bartók auf schäbige Dauerwerbesendungsuntermalung, marokkanische Volksmusik, den Jazz-Trompeter Clifford Brown, Peaches und natürlich Sun Ras Arkestra. Und ab und an passen die Versatzstücke eben einfach zusammen. Ohne dass Glatzel versteht, warum. Aber er nimmt es an.

Sa, 25. 6., 19.30 Uhr, Monsun-Theater

Getanztes Porträt

Aus dem Traum von einer glücklichen Kleinfamilie wurde nichts. Wegen Verhaltensauffälligkeiten und einer „Bindungsstörung“ zog die Pflegetochter des freischaffenden Berliner Choreografen Christoph Winkler früh aus und in eine therapeutische Wohneinrichtung. Seinen Schmerz hat der in der Performance „La Fille“ verarbeitet und die Auseinandersetzung mit seinem zwischen Anteilnahme und Beobachtung changierenden Vater-Blick in einen Tanz übersetzt – als Porträt eines Kindes, das sich vor der Angst vor zu viel Nähe rüstet. Am heutigen Samstag ist das Stück mit Tänzerin Emma Daniel zum ersten Mal in Hamburg zu sehen. MATT

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen