piwik no script img

Was tun gegen Angst im Gericht

■ ÖTV kritisiert Untätigkeit / Crome: ÖTV-Punkte sind umgesetzt

„Der Senator wiegelt völlig ab“, ärgert sich der Vorsitzende des ÖTV-Fachausschusses Richter und Staatsanwälte, Bernd Asbrock, und der Dienstherr reagiere „mehr als zögerlich“, wo energisches Handeln gefordert wäre: Die Sicherheit in den bremischen Gerichtssäalen ist nicht gewährleistet. „Erhebliche Unruhe und Ängste“ habe der Vorfall am 29.5. ausgelöst, als ein Angeklagter auf dem Gerichtsflur erschossen wurde. Der Dienstherr habe es versäumt, das „persönliche Gespräch“ mit den am Vorfall direkt betroffenen Wachtmeistern zu suchen. In einem 8-Punkte-Katalog listet die ÖTV ihre Forderungen zur Sicherheit im Gericht auf.

Landgerichtspräsident Berndt-Adolf Crome versteht die scharfe öffentliche Reaktion der ÖTV nicht, sie sei sachlich nicht gerechtfertigt: Mit den beiden Wachtmeistern habe er persönlich gesprochen, versichert er, aber „vielleicht meinen die mit Dienstherr den Senator“. Er habe selbstverständlich seinen Urlaub nach dem Mord auf dem Gerichtsflur abgebrochen.

Und auch bei den acht Forderungspunkten der ÖTV sei man einig – sie seien alle entweder bereits umgesetzt oder in Vorbereitung. Automatischer Türöffner am Eingang zum Landgericht, mögliche Eingangskontrollen mit Detektoren im Vorfeld von Prozessen mit Sicherheitsrisiken, besondere Einlaßkontrollen im Einzelfall vor den Sitzungssäalen auf Anforderung des Richters und so weiter – all das, was die ÖTV da aufgeschrieben habe, sei umgesetzt.

Sicherheitsrelevante Abteilungen wie etwa das Vormundschaftsgericht, wo eventuell ein „wildgewordener Vater mit dem Hackebeil“ kommen könnte, seien aber im Landgericht nicht abzuschließen, weil die Zimmer auf den Fluren verteilt sind. Alarmanlagen seien geplant, aber auch derzeit schon seien alle Gerichtssäale mit „Klingelleitungen“ ausgestattet, die ins Wachtmeisterzimmer führen, sagt Landgerichts-Präsident Crome. Nicht alle, erwidert ÖTV-Vertreter Asbroch, und manche dieser Klingeln funktionierten nicht. Auf die Frage, ob diese Klingeln denn irgendwann einmal benutzt worden sind, muß der ÖTV-Richter aber seinem Chef Crome wieder recht geben: So ein Fall ist den beiden Richter-Kollegen nicht erinnerlich.

Daß die freien Wachtmeister-Stellen besetzt und nicht abgeschafft werden sollen, auch darin sind sich die beiden einig. Nur dann kann gewährleistet werden, daß die Pforte auch zu besetzen ist, wenn in mehreren Hauptverhandlungen gleichzeitig Wachtmeister erforderlich sind.

Totale Sicherheit, auch darin sind die beiden wieder einig, kann es nicht geben, eine „Einbunkerung und Abschottung der Gerichte“ würde dem Bild einer bürgernahen Justiz widersprechen, „Bunkermentalität“ lehnt auch die ÖTV ab. Am 8.8. wird es wieder beim Staatsrat Göbel einen Termin geben, an dem über das Sicherheitsbedürfnis und seine Kosten verhandelt wird. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen