Was ist geblieben von der DDR?: „Die Alten hier sind ziemlich ätzend“
■ Für Konditorlehrling Steve Schulze (18) haben viele Ostler die Wende „verpeilt“
Natürlich ist etwas von der DDR übrig geblieben: die Bürger. Die Leute hier im Osten sind schon noch anders als im Westen. Die Leute im Westen sind toleranter gegenüber jungen Leuten und auch gegenüber Ausländern.
Die älteren Bürger hier sind ziemlich ätzend. Die regen sich über jeden Pups auf, die haben die Wende verpeilt, würde ich sagen. Wenn ich mal abends vergesse, die Haustür abzuschließen, kriege ich gleich einen Anpfiff. Schon das optische Erscheinungsbild älterer Leute hier im Osten ist anders. Die sind eingeschlafener als drüben.
Drüben machen sie mehr aus sich, auch wenn sie schon 60 Jahre sind. Die Rentner hier im Osten haben noch viel die Sachen aus dem Osten an, die lassen sich hängen und holen sich nichts Neues. Die Rentner im Westen regen sich auch nicht so schnell auf. Die Jugendlichen im Westen sind auch anders. Die sind auf alle Fälle selbstbewusster. Teilweise sind sie mir zu hochnäsig. Ich wiederum berliner mehr als die.
Ich war acht Jahre alt, als die Mauer gefallen ist. Da sind nicht viele Erinnerungen übrig geblieben. Dass wir sonnabends zur Schule gehen mussten, das weiß ich noch, und die Jungen Pioniere. Aber die acht Jahre spielen eigentlich keine Rolle für mich. Das Einzige, was vielleicht besser war früher, ist, dass es damals nicht so viele Obdachlose gab. Meine Eltern finden es auch besser als früher.
Ich bin viel im Westen unterwegs, in Neukölln und Charlottenburg. Da habe ich viele Freunde. Ich würde auch lieber im Westteil wohnen. Nächstes Jahr werde ich das machen und da hinziehen. Denn meine Bezugspunkte sind mehr im Westen. Hier in Lichtenberg im Osten ist doch tote Hose. Aufgezeichnet von Barbara Bollwahn de Paez Casanova
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