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Was ist Phase bei der Wahl?„Noch nie so unbefriedigend“

Worum geht es wirklich bei der Wahl? Wie geht es danach weiter? Und wie ist das diesmal mit dem Nichtwählen? Mehr als drei Fragen an Harald Welzer.

Blickt in die Zukunft: Harald Welzer Foto: Rat für nachhaltige Entwicklung

taz: Herr Welzer, worum geht’s eigentlich wirklich bei der Bundestagswahl?

Harald Welzer: Anzuerkennen, dass moderne Gesellschaften sich wahrscheinlich in der tiefgreifendsten Umbruchphase und Stressphase ihrer bisherigen Geschichte befinden.

Und das bedeutet?

Dass Angriffe auf die Demokratie, die Umfiguration im geopolitischen Spektrum, der Umwelt- und Klimastress und die Wirkung von sozialer Ungleichheit sehr viel größer sind als noch vor wenigen Jahren. Wir haben nach wie vor keine ernsthafte Idee, wie man Gesellschaften modernisiert, sodass sie mit diesen heftigen Änderungen umgehen können.

Haben Sie denn eine Idee?

Ja, die habe ich: zunächst einmal die Wahrheit aussprechen und dass man bestimmte Fakten anerkennen muss.

Bild: Anja Weber
Im Interview: Harald Welzer

Harald Welzer ist Sozialpsychologe, Sachbuchautor und Herausgeber des Magazins für Zukunft und Politik, taz.FUTURZWEI

Und die Fakten lauten?

Beim Klima: Das 2-Grad-Ziel zu erreichen ist eine Illusion – Punkt. Wachstumswirtschaft und Nachhaltigkeit gehen nicht zusammen – Punkt. Demokratien und moderne Gesellschaften sind unter Druck durch den Wandel zum Autoritarismus. Soziale Ungleichheit fördert diesen Wandel. Wir brauchen eine neue Moderne.

Vor vier Jahren riefen Sie ja zum Nichtwählen auf.

Und habe doch gewählt.

Bitte?

Damals die Linke.

Und am 24. September?

Weiß ich noch nicht.

Und welche Partei wäre für Sie wählbar?

Ich habe keine Ahnung. Aber alle wissen, dass man wählen muss, wegen der neurechten Bewegung besonders. Doch es war noch nie so unbefriedigend, wie es jetzt ist.

Wird die SPD Opfer der von Ihnen beschriebenen Umfiguration?

Die SPD ist kein Opfer. Sie ist ja selber schuld.

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7 Kommentare

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  • Kurz. Knapp. Intelligent. Welzer.

    Danke!

    Sehr gerne ich lese ich auch Ihre Kolumne in "National Geographic", eines der ganz wenigen Blätterwerke (neben der taz ;-), die es wert sind gelesen zu werden.

     

    Fakt ist, Veränderungen kommen in jedem Fall immer.

    Ebenso ist es Naturgesetz, daß ausstirbt, was sich nicht rechtzeitig anpasst - was meist mit sehr unangenehmen Rahmenumständen für die Betroffenen einhergeht.

     

    Weiterer Fakt ist, Leben ist Wachstum und ohne Wachstum kein Leben, aber auch, ohne Tod kein Leben.

     

    In jedem Garten hats, wie auch in der Natur, ständiges Wachstum.

     

    Doch wir wählen uns immer wieder Regierungen, die ein Wachstumsverständnis vertreten, daß an schwerstem Übergewicht erkrankte Dinosaurier notfalls künstlich am Leben zu erhalten sind und immer noch schneller, noch fetter werden müssten.

    Dafür werden bei Bedarf gerne auch mal flächendeckend wirtschaftliche Breitbandgifte ausgebracht, um Wachstum ("an falscher Stelle") zu unterbinden.

     

    Solange bei der SPD nicht ansatzweise etwas davon zu vernehmen ist, zumindest die gröbsten Fehler der Regierung Schröder wieder zurückzunehmen, können die so viele "Erlöser" hervorzaubern und soviel "Sozi-Blabla" in den Äther blasen, wie sie wollen.

    Ich sag dazu nur:

    "Eine zweite CDU ist genauso sinnvoll, wie ein Kropf. An der 5% Hürde sind die Büros dann bitte besenrein zu übergeben. Vielen Dank dafür schon mal im Vorraus."

     

    Wahltipp:

    Mal den Wahlomaten ausprobieren - UND - wer nicht dem Irrglauben verfallen ist, eine Stimme an die "Sonstigen" sei eine verschwendete Stimme, mal zwei, drei von denen mit in die Vergleichsliste nehmen, z.B. "Demokratie in Bewegung".

    • @Sabbelkopp:

      National Geographic habe ich schon vor Jahren gekündigt... ja teilweise tolle Berichte - stimmt - aber immer wenn es um die USA geht tendenziell unkritisch, bzw. da ja viele Artikel vom Mutterblatt kommen, bekommt man immer eine Weltsicht aus den Augen der USA präsentiert.

       

      Für mich war das zu viel "Filterblase" - obwohl es das Wort damals doch gar nicht gab

  • Als ob die neurechten Autoritären einfach so vom Himmel gefallen wären.

     

    Der Weg wurde im letzten Jahrzehnt bereitet.

     

    Welzer ist ein Gerhard Schröder/Agenda Rot-Grün Verteidiger. (3)

     

    Sozialpsychologe, als ob er von der Arbeit von Butterwegge (1) und Heitmeyer (2) noch nie gehört hätte.

     

    Gibt es in der taz niemand der so was merkt?

     

    Wenn die merken würden was sie angerichtet haben, müssten sie sich die Augen ausstechen.

     

    (1)https://www.youtube.com/watch?v=Ij4w8-thwgA

    (2)http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-82995572.html

    (3) http://www.zeit.de/2017/38/gerhard-schroeder-bundeskanzler-rot-gruen

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @taz_comment:

      Wahre Worte, danke!

    • @taz_comment:

      Sehe nicht was gegen eine Übereinstimmung zwischen dem was Welzer hier sagt (und auch schreibt, z.B. in den Bücher "Klimakriege" oder "Soldaten") und der Spiegel-Interview von Heitmeyer spricht.

      • @Sebastien Schmidt:

        Keine Ahnung dazu. But.

         

        Der Herr - nicht nur hier erweislich -

        Ist ein selbstvergessen-unehrlicher

        Smartie - & Sicher auch nicht zufällig Medien-gehypt!

        kurz - Wolkenschieber.

  • Wachstumswirtschaft und Nachhaltigkeit gehen nicht zusammen...

     

    also wir müssten die Wirtschaft umsteuern - weltweit. nicht mehr gewinnorientiert, nur noch herstellen was man zum überleben braucht. Kunst, Zierat, Bauwerke aufhübschen - verboten. da wir dann weniger herstellen werden Millionen von Jobs verloren gehen. 3Tonnen SUV's, Luxusjachten, Privatjets - verboten.

     

    Wie bezahlen? die Reichen enteignen (ohne 3Tonnen SUV's, Luxusjachten, Privatjets brauchen die das Geld ja nicht mehr), dann das Geld reinvestieren: sparsamere Technik, Fabriken auf Energieeffizienz trimmen,... Außerdem muss man ja die Arbeitslosen durchfüttern.

     

    Ach ja dann sind da noch die Millitärs... die US Forces sind die größten einzelnen Ölverbraucher der Welt... die müssen wir dann auch abschaffen... Da werden die Donalds dieser Erde ganz geil drauf sein.

     

    dagegen klingen Interstellare Raumschiffe und dann andere Planeten plündern fast weniger utopisch. wenn auch nicht die Erde, die Welt der Menschen wird untergehen... früher oder später. Schätze eher früher.