Was dran an Bremen?

■ Aus aller Welt kommen Touris: Kurze Führung durch ein denkwürdiges Thema

Bremen ist eine nüchterne Stadt. Wo andere Metropolen sich großspurig als „Weltstadt mit Herz“ anpreisen oder behaupten, „das Hoch im Norden“ zu sein, wirbt Bremen mit dem schlichten Slogan „Die freie Hansestadt“. Grenzenlos ist die Freiheit in der Hansestadt für einige Besuchergruppen wohl vor allem, wenn es um die Sperrstunde geht.

In erster Linie die Briten, in ihrer Heimat bekanntermaßen mit besonders frühen Polizeistunden geschlagen, zöge es aus diesem Grund an die Weser, mutmaßt ein Herr beim Verkehrsverein. Mit 22.239 statistisch erfaßten Übernachtungen stellten die Inselbewohner im vergangenen Jahr immerhin die zweitgrößte Besuchergruppe aus dem Ausland; übertroffen wurden sie nur von den Schwedinnen und Schweden, die mit 26.391 Übernachtungen beim statistischen Landesamt registriert sind. Auch von ihnen weiß der freundliche Herr vom Verkehrsverein, was sie in Bremen suchen: „Das, was sie zu Hause nicht haben“, sprich: sie wollen einkaufen und sich vergnügen. Traurig genug für die Schweden, daß sie zu Hause keinen Spaß haben, doch noch trauriger findet man es beim Verkehrsverein für sie, daß das Restaurant Altstadt geschlossen werden soll.

Zwischen Schweden und Bremen bestünden sehr alte Bindungen, verrät Lars Stricker, seit vier Monaten Stadtführer in Bremen, dem die Begeisterung für seinen neuen Job ins Gesicht geschrieben steht. Seine Chefin im Büro Stadttouristik, Heide Schmidt, beurteilt das besondere Interesse der Schweden für die Roland- Stadt etwas nüchterner: Der Verkehrsverein habe in den letzten Jahren gerade in Schweden sehr viel geworben und im übrigen habe auch das Scandic Crown viel zum neu erwachten Interesse der Skandinavier für die „freie Hansestadt“ beigetragen.

Das Büro für Stadttouristik ist für alle Eventualitäten vorbereitet: Informationsmaterial in Polnisch, Arabisch, Chinesisch, Lettisch und Finnisch liegt bereit. Zur Zeit sind dort 52 Stadtführerinnen und sieben Stadtführer beschäftigt, die — nur nach schriftlicher Prüfung - die Besuchergruppen durch Bremens gute Stube schleusen.

Für 7,50 Mark können sich auch IndividualtouristInnen von Lars Stricker die „Bremer Innenstadt näherbringen lassen“. Wenn die Abschnitte an den Kärtchen abgetrennt sind, geht es los. Wortreich preist der Stadtführer die Vorteile der Straßenbahn.

Die haben die jüngeren unter den Brementouristen allerdings längst entdeckt. Unbeeindruckt vom Roland, dem Dom und nebenan dem größten Rathaussaal Deutschlands gibt es für sie in Bremens guter Stube nur eine Attraktion: Wenn man einen Groschen auf die Gleise legt, bevor die Bahn drüber fährt, ist der hinterher platt. Diemut Roether