■ Warum der Nachfolger von Vogts keinen Spitznamen haben darf: Raus aus dem Mief
In Deutschland bestimmt die Bild-Zeitung, wer das zweitwichtigste Amt im Staate bekleidet. Sie haben Vogts verjagt, jetzt wollen sie Heynckes. Warum eigentlich Heynckes? Seine herausragende Qualität: Er hat gerade keinen Vertrag. Das ist Krisenmanagement vom Feinsten. Die Bild-Beckenbauer-Kamarilla und ihr DFB-Blinddarm suchen nicht den Besten, sondern den Nächstbesten und verspielen die Chance, den der Rücktritt von Vogts dem Fußball bietet. Wer wird Bundeskanzler? Ex-Verkehrsminister Krause. Der hat grad nichts zu tun. Headhunting nach Art des DFB.
Also Heynckes. Keiner mag sich mehr erinnern, wie der „Jupp“ in München und Frankfurt scheiterte, wie er bei der Eintracht die besten Spieler vertrieb und eine als Meisterschaftsfavorit gestartete Mannschaft in die Abstiegszone katapultierte, bevor er sich unter Absingen schmutziger Lieder davonmachte. Heynckes, das wäre die Fortsetzung deutscher Tugenden, das wäre Sicherheitsfußball und verkrampfte Nullsätze in öden Pressekonferenzen. Das wären Multivitaminkuren für Spieler, wie er sie allen Ernstes der Mannschaft von Teneriffa verordnen wollte. So einer kann in Spanien Erfolg haben, wo sie Fußball spielen können, wo Disziplin und Kampfgeist als additives Trainer-Mitbringsel nicht schaden. Für die Unsrigen wäre Jupp die Fortsetzung von Berti.
Die wichtigste Anforderung an den neuen Nationaltrainer: Er darf keinen Spitznamen haben, er muß eine internationale Fußball-Autorität sein, endlich einmal unabhängig von Beckenbauer und Bild, ein Großer also vom Schlage Gullits, Tiaganas, Menottis, Cruiffs, der den DFB-Mief sprengt. Nur: In solchen Kategorien wird, so steht zu befürchten, nicht gedacht. Statt dessen zählt, wer rein beamtenmäßig am zweitlängsten auf der Bank sitzt – dann wäre Bonhof der neue Inteamchef – oder wer gerade gefeuert wurde und damit leicht zu holen ist.
Die Deutschen brauchen einen Trainer der Spielkultur, einen, dem Dariusz Wosz und Mehmet Scholl lieber sind als Steffen Freund. Allerdings: Der Erfolg ist auch mit einem guten Trainer noch nicht gekauft. Deutschland gehört nicht mehr zu den großen Fußball-Nationen, dazu fehlt, was Netzer die große Qualität nennt. Ein Sieg der Nationalmannschaft, beobachten Mediziner, lasse den Testosteronspiegel deutscher Männer um etwa „ein Fünftel hochschnellen“. Zuletzt lag ganz Deutschland im Testosteron-Koma. Zumindest für zarte Hormonschübe sollten unsere Kicker wieder gut sein. Manfred Kriener
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