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Warten auf Godot – im All

„Dark Star“: John Carpenters Trash aus Studentenzeiten ist mehr als nur die Summe seiner Einzelteile

Seit 20 Jahren reist die Dark Star durchs All. Die Erde hat das abgehalfterte Raumgefährt längst abgeschrieben, und sein technischer Zustand ist längst genauso morbid-marode wie die Verfassung der desillusionierten Besatzung.

Kommuniziert wird an Bord nur noch das Nötigste, und die wenigen Sätze, die die Crewmitglieder miteinander wechseln, werfen ein bedeutungsvolles Licht auf die dunkle Seite der interstellaren Raumfahrt. Dieser Film schafft damit einen krassen Gegensatz zu Stanley Kubricks triumphaler Darstellung derselben in 2001 – Odyssee im Weltraum, der damals Carpenters Missfallen erregte und ihn zu Dark Star inspirierte.

55.000 Dollar hatte der damalige Student der USC Filmschule der kalifornischen Universität für die Realisation seiner Raumfahrtvision zur Verfügung, doch der Film ist mehr als nur eine trashige Anti-Version von Kubricks Sci-Fi-Klassiker. Wenn in dem Streifen der frustrierte Commander Doolittle, auf die Möglichkeit intelligenten Lebens auf einem Zielplaneten angesprochen, nur ein „Don‘t give me any of that ‚intelligent life‘ stuff – give me something to blow up“ brummelt, ist dies auch eine zynische Parodie auf den von Kultwestern-Regisseur und Carpenter-Vorbild Howard Hawks perfektionierten Dialog der mythologischen Figuren des „man of action“ und des „man of dreams“. Carpenters mit verführerisch-weiblicher Stimme ausgestatteter Bordcomputer und die denkenden Bomben Nr. 19 und 20 fungieren dagegen als bis zur Unkenntlichkeit verzerrte, sardonische Spiegelbilder von HAL aus 2001.

Als denkbar unkooperativ erweist sich ein extraterrestrisches Anhängsel, dass im Aussehen an einen großen Wasserball mit Hühnerfüßen erinnert. Diese Geburtsstunde aller Aliens (und Co-Autor Dan O‘Bannons Tribut an Edward L. Cahns IT! The Terror from Beyond Space) rechtfertigte 1976 die Verleihung der Golden Scroll der Academy of Science Fiction, Fantasy + Horror Films.

Ein komplexes, buntes und bitterböses Bild beendet den Alptraum: Die beiden Überlebenden der finalen Vernichtung des Schiffes taumeln unkontrolliert durch den Raum und können sich noch einige Minuten über Helmfunk unterhalten, bevor es mit ihnen zu Ende geht. Pate stand hier eine Kurzgeschichte von Ray Bradbury mit dem aussagekräftigen Titel Kaleidoskop.

Corinna Kahl

„Hanf und Rausch im Film“: Dark Star, Do, 12. bis Mi, 18. 9. , jeweils 16 Uhr, 3001

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