Warentester warnen vor Schadstoffen: Gift in Stofftieren und Holzspielzeug
Die Stiftung Warentest fand Schadstoffe in einer ganzen Reihe von Spielzeugen. Dabei schützen bekannte Marken nicht vor Giften: Auch Waren von Brio, Sigikid oder Steiff fielen durch.
BERLIN taz | Ist Holzspielzeug besser als Plastik im Kinderzimmer? Das Steiff-Tier bestimmt undenklich? Und ist, wer Markenware kauft, auf der sicheren Seite? Stimmt alles nicht, wenn man einer Untersuchung der Stiftung Warentest folgt. Die Experten haben 50 Kinderspielzeuge getestet. Das Ergebnis: 80 Prozent der Produkte waren mit Schadstoffen belastet, zwei Drittel davon sogar stark bis sehr stark.
Hinzu kamen fünf Spielzeuge, bei denen sich Kleinteile zu leicht lösten und beim Verschlucken gefährlich werden können. "Die Ergebnisse sind erschreckend und müssen Eltern beunruhigen", sagte Hubert Primus, Bereichsleiter Publikationen bei der Stiftung Warentest am Donnerstag in Berlin.
Die Untersuchung stellt unter anderem das gute Image des Holzspielzeugs von Markenherstellern in Frage. Keines der 15 getesteten Holzspielzeuge war frei von Schadstoffen.
Von Brio zum Beispiel wurde "Meine erste große Brio-Bahn" (siehe Foto unten) untersucht. Das ernüchternde Ergebnis der Tester: "Tunnel stark mit Flammschutzmittel TCEP, Metallradkappe deutlich mit Nickel belastet. Mit PAK belastet. Deutlich mit zinnorganischen Verbindungen belastet." Die "polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe", die sich hinter der Abkürzung PAK verbergen, gelten zum Teil als krebserzeugend.
Auch Holzpuzzle der Hersteller Eichhorn, Goki und Goula waren mit PAK belastet, ebenso der Hammerblock von Ikea. Holzpuzzle von kik und selecta enthielten zudem noch Formaldehyd, das aus dem Sperrholzkleber ausdünstet und ebenfalls Krebs erzeugen kann.
Auch in Plüschtieren fanden die Tester PAK und andere Schadstoffe. Von den 15 getesten Tieren war nur eine "Hello-Kitty"-Puppe unproblematisch, 12 andere hingegen stark und zwei davon sogar sehr stark belastet. Auch der Steiff-Teddy Victor, der mittlerweile Edgar heißt, ist mit PAK belastet. Ein Plüschaffe von Sigikid fiel durch, weil er nach kurzem Kontakt mit Feuer zu schnell in Flammen aufging.
Als Konsequenz aus den Ergebnissen fordern die Tester strengere Gesetze. Denn nicht alle Schadstoffe seien bisher durch einen rechtlichen Rahmen geregelt, so zum Beispiel bei den unterschiedlichen PAK, von denen es einige hundert unterschiedliche gibt. Acht davon gelten als krebserregend. Die Wirkung vieler anderer PAK sei zwar noch unbekannt, was aber nicht bedeute, dass sie harmlos sein müssten, sagte Holger Brackemann, Chemiker und Untersuchungsleiter bei Warentest der taz. Eine genaue Analyse vieler PAK liege nicht vor.
Deshalb fordert die Stiftung eine weitmöglichste Begrenzung dieser Stoffe ein. Allerdings sehe die Spielzeugrichtlinie der EU vor, dass ab 2013 in jedem Kilogramm Spielzeug bis zu einem Gramm PAK enthalten sein dürfen. Das Bundesamt für Risikobewertung setze sich hingegen dafür ein, dass zumindest bisher als krebserregend bekannte PAK 0,2 Milligramm je Kilogramm nicht übersteigen, das GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit verlange für 16 weit verbereitete PAK denselben Grenzwert.
Doch allein auf Prüfzeichen sollten sich Verbraucher nicht verlassen. So wurde der brennende Affe vom TüV-Süd abgesegnet. Auch das CE-Zeichen, das auf allen Spielzeugen Pflicht ist, sei wenig aussagekräftig. Zwar garantiere der Hersteller damit, dass er die geltenden EU-Richtlinien einhalte. Doch darauf sei wenig Verlass, wie der Test gezeigt habe, erklärt die Stiftung Warentest.
Daher sollten Verbraucher Spielzeug vor dem Kauf einer eigenen Prüfung unterziehen. Sollten sich Kleinteile leicht lösen und Lack abkratzen lassen, sei das Spielzeug ungeeignet. Beim Holzspielzeug seien unlackierte Varianten zu bevorzugen. Auch auffälliger Geruch könne ein Hinweis auf ausdünstende Schadstoffe sein. Puppen für Kleinkinder sollten lieber aus Stoff sein und vor dem ersten gebrauch in einem Wäschesack gewaschen werden.
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