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Wanzendiplomatie

■ Auch Marines in Leningrad sexuell kontaminiert / Für Ronald Reagan ist die amerikanische Jugend dem „Bösen“ verfallen / Deutsche Botschaft ist wanzenfrei

Washington/Moskau/L.A. und anderswo (ap/ dpa/afp/taz) - Nun werden auch die Marines vom US–Konsulat in Leningrad abgezogen, denn offenbar gibt es auch dort reizende sowjetische Frauen. Reagan kennt nun auch den Grund für die Anfälligkeit seiner Soldaten: eine „Erziehung ohne moralische Grundsätze“ in den USA. Höchste Zeit sei es, meint der Präsident, die jungen Amerikaner wieder zu lehren, daß „das Gute und Böse wirklich existiert.“ Da haben wir sie wieder, Reagans teuflische Mächte. So sind dann auch die Mißerfolge der Amerikaner in der Raumfahrttechnik nicht in amerikanischer Schlamperei und Unfähigkeit begründet. In Los Angeles deutete Reagan an, daß die Vielzahl der Trägerraketen und Satelliten, die den Amerikanern seit der Challanger–Katastrophe explodiert sind, möglicherweise durch Sabotageaktionen der Sowjets verlorengegangen sind. Die Sowjets ihrerseits werden nicht müde, in der Spionageangelegenheit zu kontern. Sie führten Wanzen vor, die sie aus ihrer Botschaft in Washington und aus ihrem Konsulat in San Francisco ausgebaut haben. Erst in den letzten Tagen habe man hinter dem Steuer des Autos eines Tass–Korrespondenten ebenfalls eines dieser kleinen metallenen Tierchen entdecken müssen. Gleichzeitig lieferte Tass am Samstag Beweise für die moralische Zerrüttung der amerikanischen Jugend. Betrunkene Marines hätten in Moskau mehrfach sowjetische Bars und Restaurants demoliert, und ein Marine habe neulich in einer Bar einen alten Toilettenmann als „Dame“ angeredet, das Licht abgeschaltet und versucht, den verdutzten Mann zu vergewaltigen. Das Auswärtige Amt der BRD hat uns dagegen Beruhigendes mitzuteilen. Die Moskauer Deutsche Botschaft ist wanzenfrei. Sie ist aus in der Bundesrepublik vorgefertigten Bauteilen errichtet worden. ger

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