piwik no script img

Waldheim-Rede bei Staatsakt im Visier

■ Parlament will Feier des Anschlusses an Nazi-Deutschland neu verhandeln / Vranitzky offen für neue Beratungen

Wien (rtr) – Das Präsidium des österreichischen Parlaments hat neue Beratungen darüber gefordert, ob der für den 11.März geplante Staatsakt zum Gedenken an den Anschluß des Landes an Hitler-Deutschland vor 50 Jahren mit einer Rede des Bundespräsidenten Kurt Waldheim stattfinden soll. Der sozialistische Präsident des Nationalrates, Leopold Gratz, begründete dies am Dienstag in Wien mit Stellungnahmen hoher Funktionäre beider Regierungsparteien.

Sie hätten den Sinn des Staatsaktes öffentlich in Frage gestellt. Der sozialistische Bundeskanzler Franz Vranitzky sagte, er sei für neue Beratungen offen. Das Anliegen des Parlamentes schaffe nun eine neue Situation.

Der Beschluß des Parlamentspräsidiums sei einstimmig gewesen, sagte Gratz, was Vertreter der beiden Regierungsparteien auch bestätigten. Wirtschaftsminister Robert Graf (ÖVP) und der sozialistische Fraktionschef Heinz Fischer waren dafür eingetreten, den Staatsakt abzusagen. Die Bundesregierung werde jedenfalls am 11.März ihre geplante Sondersitzung abhalten und „sich in geeigneter Form zum Gedenken äußern, um eine geschlossene Meinung der Regierung mitzuteilen“. Dies sei ihre Aufgabe, gleichgültig „ob mit oder ohne Waldheim“.

Der im Januar festgelegte Staatsakt war als Ersatz für eine gemeinsame Veranstaltung im Parlament gedacht gewesen, gegen die Abgeordnete der Sozialisten und Grünen vehement opponiert hatten. Im Parlament wird am 11.März nur eine Gedenktafel für die Opfer des Faschismus enthüllt werden, wobei Waldheim und die Regierung als Gäste teilnehmen, aber nicht sprechen. Gegen den Staatsakt in der Wiener Hofburg, dem Amtssitz des Präsidenten, haben mehrere Organisationen zu Demonstrationen aufgerufen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen