Wahlverlierer: Japans Premier bleibt
Nach der Niederlage seiner Partei bei den Unterhauswahlen will Regierungschef Abe die Reformen fortsetzen
BERLIN taz Er ist angeschlagen, aber gehen will er nicht: Nach der schweren Niederlage bei den Teilwahlen zum japanischen Oberhaus am Sonntag hat der konservative Premierminister Shinzo Abe Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Seine Liberaldemokratische Partei (LDP) hatte erstmalig seit 1955 die Mehrheit im Oberhaus verloren.
Zur Wahl standen die Hälfte der 242 Mandate. Die offiziellen Ergebnisse zeigten die Niederlage der LDP deutlich: Die regierende Partei erhielt nur noch 37 von zuvor 64 Sitzen. Das Land habe klar und deutlich "Nein" zur Regierung Abe gesagt, erklärte der Generalsekretär der oppositionellen Demokratischen Partei (DPJ), Yukio Hatoyama.
Auf Abe hat die Niederlage seiner Partei keinen direkten Einfluss. Das Oberhaus spielt in der japanischen Politik eine untergeordnete Rolle, die Regierung wird vom Unterhaus gewählt. Dort hält Abes LDP zusammen mit der Koalitionspartnerin Neue Komeito eine stabile Mehrheit. Doch für Abe bedeutet das Ergebnis einen immensen Ansehensverlust. Weite Teile der japanischen Presse forderten am Montag Abes Rücktritt. "Die Regierung ist am Glaubwürdigkeitstest gescheitert", schrieb die liberale Zeitung Asahi Shimbun.
Die Führung der LPD beschloss bei einem Treffen am Montag, an Abe festzuhalten. Sie kündigte eine Umbildung des Kabinetts an. Abe ist seit September 2006 im Amt, sein Kabinett wurde wiederholt von Skandalen erschüttert. Seit Dezember sind zwei Minister zurückgetreten, Landwirtschaftsminister Toshikatsu Matsuoka beging im Mai nach Korruptionsvorwürfen Selbstmord. Gegen dessen Nachfolger Norihiko Akagi wurden ebenfalls Betrugsvorwürfe laut.
Es gibt weitere Gründe für die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung Abes. Im Frühjahr sorgte ein Skandal um die falsche Erfassung von Rentendaten für Aufregung. Auch wenn der Fehler vor Abes Zeit passiert ist - sein Versprechen, die Vorfälle aufzuklären, konnte die WählerInnen nicht beruhigen. Abes Programm habe mit dem Alltag der Japaner nichts zu tun, schrieb die Zeitung Mainichi Shimbun am Montag. Die Bevölkerung plagt die Angst vor dem sozialen Abstieg. Trotz Wirtschaftswachstums nimmt die Armut in Japan zu, vor allem Jugendliche hangeln sich von einem prekären Job zum nächsten.
Diesen Sorgen schenkte Abe wenig Beachtung. Stattdessen versuchte er, Japan mit Aufrüstung und einer nationalistischen Agenda außenpolitisch zu positionieren und setzte die neoliberalen Reformen seines Vorgängers Koizumi fort. Diesen Kurs will er auch nach der Niederlage nicht ändern: "Der vor uns liegende Weg ist steinig, aber Japan kann ohne Reformen nicht überleben", sagte er am Wahlabend.
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