Wahlprogramm der Union: Unternehmer ärgern Merkel
Der CDU-Wirtschaftsrat fordert Steuersenkungen und die Abschaffung der Erbschaftsteuer. Die Führung hält das für Wunschdenken.
Zum Auftakt der CDU-internen Debatte um das Programm für die Bundestagswahl hat sich der Unternehmerflügel mit einem eigenen Entwurf zu Wort gemeldet. Die "Wahlbausteine", die der Wirtschaftsrat der Partei am Dienstag veröffentlichte, listen eine ganze Reihe finanz- und wirtschaftspolitischer Forderungen auf. Neben der Abschaffung von "kalter Progression" und "Mittelstandsbauch" im Einkommensteuertarif, einer alten Forderung der CSU, zählt dazu auch die ersatzlose Abschaffung der Erbschaftsteuer und die Umstellung der Krankenversicherung auf eine Kopfpauschale, wie sie die CDU schon im zurückliegenden Bundestagswahlkampf gefordert hat.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, der für die Arbeiten am Wahlprogramm verantwortlich ist, wies die Forderungen umgehend zurück. "Im Ziel, dass die Menschen mehr Netto vom Brutto erhalten, sind wir uns völlig einig", erklärte er zwar. "Dennoch: Wunsch und Wirklichkeit müssen zusammenpassen. Entlastungen von rund 40 Milliarden Euro zu versprechen und gleichzeitig in die Schuldentilgung einzusteigen, ist zwar wünschenswert, aber in diesem Sinne nicht realisierbar."
Der Wirtschaftsrat selbst betrachtet seine Forderungen nicht als unrealistisch. Gedacht sei nicht an eine sofortige Umsetzung mitten in der Wirtschaftskrise, sondern "innerhalb der nächsten vier Jahre", sagte ein Sprecher der taz. Das Programm sei nicht unsozial, denn die "beste Sozialpolitik" bestehe in der Schaffung von Arbeitsplätzen. Keineswegs seien die "Wahlbausteine" als indirekte Wahlhilfe für die FDP gedacht. "Wenn die CDU wirtschaftliche Interessen in gebührender Form berücksichtigt, muss man nicht mehr zur FDP ausweichen."
Bereits Anfang März hatte der Wirtschaftsrat den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle zu einer Veranstaltung in Berlin eingeladen. Von den unionsnahen Unternehmern wurde Westerwelle für seine Kritik an der Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) frenetisch bejubelt. Das anschließende Plädoyer, das Innenminister Wolfgang Schäuble für Merkels Politik von "Maß und Mitte" hielt, nahm das Publikum mit Teilnahmslosigkeit und Befremden auf.
Zur Vorbereitung des Wahlprogramms, das die Vorstände von CDU und CSU Ende Juni präsentieren wollen, trifft sich Pofalla derzeit mit Vertretern der innerparteilichen Gruppierungen. Eine Aussprache mit dem Vorsitzenden der Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, verlief am vorigen Freitag ähnlich konfrontativ wie nun der öffentliche Schlagabtausch mit dem Wirtschaftsrat.
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