Volk und Partei : Wahlloses Recht
Die Partei hat immer Recht. Erst recht eine, die von sich glaubt, noch immer Volkspartei zu sein. Mithin eine, die das Recht zu haben meint, das Volk zu verbessern. Wenn nötig, so oft es geht.
Kommentarvon Sven-Michael Veit
Bereits zum zweiten Mal hebelt die Regierungspartei CDU einen Hamburger Volksentscheid aus. Den LBK hat sie trotz gegenteiligen Referendums verkauft, nun soll das Wahlrecht dran glauben. Auf die Gefahr hin, dass ihr demnächst niemand mehr glaubt.
In beiden Fällen präsentieren sich Union, Senat und Bürgermeister als schlechte Verlierer, denn in beiden Fällen waren ihre Vorstellungen vom so genannten Souverän niedergestimmt worden. Wer das für falsch hält, darf das offen sagen, aber nicht das Kleingedruckte durch Verfahrenstricks ins Gegenteil verkehren. So was darf als vorsätzliche Unaufrichtigkeit gelten.
Zudem sind die Pläne politmoralisch höchst bedenklich. Bislang galt in Hamburg der Grundsatz, Gesetze in eigener Sache – vor allem Wahlrecht und Diäten – im Konsens der Parteien zu beschließen, mindestens aber mit Zweidrittelmehrheit.
Wer jetzt mit seiner zeitlich befristeten Parlamentsmehrheit eine Verfassungsänderung unterläuft, öffnet der Willkür Tür und Tor: Die nächste Mehrheit könnte das wieder ändern, am Ende stünde Wahllosigkeit.
Einen Entscheid des Volkes jedoch will die Union offenbar uneingeschränkt gelten lassen: die Bürgerschaftswahl vom 29. Februar 2004. Das ist inkonsequent.