Wahlkampf in Wolfsburg: Format in Pumps

In Wolfsburg kämpft Niedersachsens frühere Justiz- und Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) um das Oberbürgermeister-Amt. Amtsinhaber Rolf Schnellecke (CDU) tritt nach der Stadtwerks-Affäre vorzeitig ab.

Die Kandidatin: Heister-Neumann beim Singen des Niedersachsenlieds. Bild: Havlicek

Hannover taz | Während die anderen noch aufbauen, ist Elisabeth Heister-Neumann schon in Aktion. Unermüdlich arbeitet Niedersachsens Ex-Justiz- und Ex-Kultusministerin daran, bei den Kommunalwahlen im September Oberbürgermeisterin von Wolfsburg zu werden. Und der Wahlkampf hat an diesem Wochenende offiziell begonnen.

Als die Läden in der Porschestraße, Wolfsburgs Einkaufsmeile, am Sonnabend öffnen, steht Heister-Neumanns Werbestand bereits. Sonnenschirme mit CDU-Logo, Stehtische, Waffeln, Bockwürste, Kullis zum Verteilen, das Ganze gerahmt von lebensgroßen Heister-Neumann-Starschnitten. SPD, Grüne und FDP packen noch aus. Heister-Neumann schüttelt schon Hände, parliert, strahlt, singt schunkelnd das Niedersachsen-Lied. Der blau-weiß gepunktete Rock schwingt mit, ihre roten Pumps klopfen den Takt.

Als "designierte Oberbürgermeisterin von Wolfsburg" hat Ministerpräsident und CDU-Landeschef David McAllister sie tags zuvor beim Landesparteitag in Hameln begrüßt. Seit ihrer Kür zur CDU-Kandidatin Mitte Juni hat Heister-Neumann knapp 100 Wahlkampftermine absolviert. Morgens um fünf stand sie vorm Werkstor, als die Werksferien bei VW zu Ende gingen. "Leben pur" sei die Kommunalpolitik, sagt sie, "nicht so verstellt, ohne Masken". Gut tue ihr das.

Am 11. September werden bei den Kommunalwahlen in Niedersachsen Gemeinde- und Stadträte, Kreistage und die Regionsversammlung Hannover gewählt. Insgesamt stehen 15 Landräte und 93 Bürgermeister zur Wahl.

Oberbürgermeister werden zudem in fünf Städten gewählt, darunter Wolfsburg, Goslar und Wilhelmshaven - wo gleich neun Kandidaten antreten.

Direktkandidaten für Bürgermeister- und Landratsämter werden erstmals mit einfacher Mehrheit gewählt: 2010 hat die schwarz-gelbe Landesregierung unter dem Protest der Oppositionsparteien die Stichwahl abgeschafft.

Stärkste kommunale Kraft ist in Niedersachsen bislang die CDU, die nach eigenen Angaben 7.800 Mandate hat.

Knapp zehn Jahre war Heister-Neumann Landespolitikerin in Hannover. 2003 machte der damalige Ministerpräsident Christian Wulff die einstige Stadtdirektorin von Helmstedt zur Justizministerin, 2008 zur Kultusministerin. Im April 2010 flog sie aus dem schwarz-gelben Kabinett. Wenig glücklich hatte sie im Kultusministerium agiert. Die 10.000 Menschen, die gegen die Einführung des Turbo-Abis auf die Straße gingen, waren nur einer der Tiefpunkte.

In Wolfsburg ist ihr stärkster Gegner, der SPD-Kandidat Klaus Mohrs, fest verankert: Seit 1980 lebt er dort. Erst war er Stadtjugendpfleger, dann Jugendamtsleiter, seit 2001 ist er Erster Stadtrat. Heister-Neumann gibt sich dennoch siegessicher: Wolfsburg brauche "mehr als einen Verwaltungsfachmann".

Groß ist die Anspannung um sie herum - der Wahlausgang in Niedersachsens sechstgrößter Stadt ist für die CDU auch ein Signal für die Landtagswahl 2013. Den Wolfsburger Stadtrat dominiert die Partei mit kurzen Unterbrechungen seit den 70ern. Noch-Oberbürgermeister Rolf Schnellecke, seit zehn Jahren im Amt, hält die Fäden fest in der Hand: Beste Kontakte zu VW, Aufsichtsratsmitglied beim Fußballclubs VfL Wolfsburg, Eigentümer eines Logistikunternehmens.

Schnellecke hinterlässt einen schuldenfreien Haushalt, die Arbeitslosenquote liegt in Wolfsburg derzeit bei 5,8 - bundesweit sind es sieben Prozent. Den Oberbürgermeister-Posten gibt er dennoch vorzeitig auf - offiziell um mit 67 Jahren in Rente zu gehen. Im Hintergrund rumort jedoch die sogenannte Stadtwerke-Affäre: Illegal sollen CDU-Wahlkämpfe von den Wolfsburger Stadtwerken finanziert worden sein.

Auch Schnellecke soll bei den Kommunalwahlkämpfen 2001 und 2006 Leistungen des städtischen Unternehmens entgegengenommen haben. Er selbst bestreitet das, die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt derweil wegen des Verdachts der Vorteilsannahme.

Heister-Neumann will mit dem Thema Stadtwerke-Affäre nichts zu tun haben. "Dass ich von außen komme, ist auch deshalb mein Vorteil", glaubt sie. "Egal, was bei den Ermittlungen rauskommt, zu mir wird es definitiv keinen Zusammenhang geben."

Ihr Wahlkampf soll das unterstreichen. Auf die "eigene Marke Heister-Neumann" setze man, heißt es von ihren Unterstützern. Bewusst seien ihre Plakate nicht in den CDU-Farben Orange-Weiß, sondern in den Stadtfarben Grün-Weiß gehalten. Die roten Pumps - laut Wahlkampfteam ihr "Markenzeichen" - trägt sie auch auf dem Starschnitt. "Format für unsere Stadt" heißt der Slogan daneben. Als "Grundrichtung" gibt Heister-Neumann vor allem an, "die Arbeit von Rolf Schnellecke gut fortsetzen" zu wollen.

Viel mehr hat SPD-Kandidat Mohrs auch nicht anzubieten. Am Sonnabend ist er ebenfalls in Wolfsburgs Fußgängerzone. Mit kleinem Stand, ohne Bockwurst, ohne Waffeln. Nach der Ära Schnellecke wolle auch er "keinen Radikalwechsel", sagt Mohrs. Schließlich habe er "als zweiter Mann neben dem Oberbürgermeister" mit dafür gesorgt, dass es Wolfsburg gut gehe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.