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Wahlkampf in Rheinland-PfalzGroKo oder Schwampel in Mainz

Die CDU-Chefin Klöckner hat gute Chancen, Ministerpräsidentin Dreyer im Amt abzulösen. In welcher Konstellation, ist offen.

Julia Klöckner (CDU) grinst von Wahlplakaten schon als „Ihre neue Ministerpräsidentin“ Foto: dpa

Mainz taz | Zum Abschied gibt es ein herzliches Küsschen auf die Backe. „Tschüss Eveline“, „Bis morgen, Malu“, die Auftritte der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ihrer Vize, der grünen Eveline Lemke, sind von einem freundschaftlichen Miteinander geprägt.

Doch die traute Zweisamkeit könnte nach der Landtagswahl am 13. März vorbei sein. Zusammengerechnet käme Rot-Grün laut Umfragen derzeit nur auf 39 Prozent. Einige Wähler nehmen es den Sozialdemokraten noch übel, dass sie unter Kurt Beck für einen Freizeitpark am Nürburgring mehrere hundert Millionen Euro versenkten. Das kostete den damaligen SPD-Ministerpräsidenten Beck 2013 den Job; Malu Dreyer folgte ihm im Amt, doch der Verkauf des insolventen Rings verlief nicht reibungslos.

Eine andere sieht sich bereits als Rheinland-Pfalz‘ Künftige: Julia Klöckner (CDU), die von Wahlplakaten schon als „Ihre neue Ministerpräsidentin“ grinst. Seite an Seite mit Merkel reist die CDUlerin derzeit durchs Land und wirbt mit Sparprogramm und deutlichen Parolen gegen Einwanderung. Sie führt die Umfragen mit derzeit 37 Prozent an.

Das Thema Flüchtlinge ist inoffizielles Wahlthema Nummer eins. Alle Parteien, außer der AfD, haben den Appell „Flucht und Migration nicht instrumentalisieren!“ verschiedener gesellschaftlicher Interessengruppen unterschrieben. Demonstrativ stellte Klöckner ihren Plan A2 mitten im Wahlkampf vor, forderte eine Integrationspflicht und wirbt seither mit dem Slogan „Flüchtlingszahlen reduzieren“. Die FDP fordert schärferen Grenzschutz und mehr Polizei, aber auch die SPD um Malu Dreyer liebäugelt mit Asylrechtsverschärfungen.

Das Thema Flüchtlinge ist inoffizielles Wahlthema Nummer eins

Und die Grünen? Haben Probleme, überhaupt wahrgenommen zu werden. Sie versuchen bei ihrer Willkommenskultur zu bleiben, formulieren positiv das Recht auf Integration. Das Thema wird ohnehin wohl nur einer Partei nutzen, der AfD. Sie liegt zurzeit bei 9 Prozent in den Umfragen. Koalieren will keine Partei mit ihnen, dennoch würde diese zusätzliche Fraktion im Landtag die Mehrheitsfindung erschweren.

Liberale könnten in den Landtag einziehen

Doch nicht nur das Ergebnis der AfD wird entscheidend sein für die künftige Gestaltung der Landespolitik. Die Liberalen werden wahrscheinlich aus der außerparlamentarischen Opposition, nach fünf Jahren Auszeit, erneut in den Mainzer Landtag einziehen können. Spitzenkandidat Volker Wissing, eigentlich ein eher ruhiger Typ, wirbt im magenta-cyan-gelben Dreiklang mit den Worten „Angstgegner“ oder „Der macht den Haushalt“. Auf seine eigene Anregung hin hat er auf den Plakaten sogar seine leicht abstehenden Ohren in Szene gesetzt.

Der ehemalige finanzpolitische Sprecher der FDP im Bundestag setzt bei der 2011 aus dem Landtag geflogenen Partei weniger auf die Themen Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit. Stattdessen steht das Thema Bildung im Fokus und das mit durchaus überraschenden Akzenten. Anders als in anderen Landesverbänden sind die Liberalen in Rheinland-Pfalz für kostenfreie Bildung, gegen Studiengebühren und verurteilen Gesamtschulen nicht per se.

Während Klöckner die Liberalen als Wunschpartner bezeichnete und auch diese betonten, dass sie nur für einen echten Politikwechsel zur Verfügung stünden, reicht es rechnerisch für diese Konstellation augenblicklich nicht. Klöckners Plan A2 wäre dann entweder die Große Koalition oder die schwarze Ampel.

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8 Kommentare

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  • Das mag ja alles so zutreffen, doch warum bitte sollten die Wähler jetzt ausgerechnet Julia Klöckner und ihrer insuffizienten CDU die Stimme geben? Damit die FDP wieder aus ihren Löchern kriechen kann, um ihre Klientelpolitik fortzusetzen? Da müssten die Wähler doch mit dem Klammerbeutel gepudert sein.

    • @Rainer B.:

      Mich wundert es, dass die Kamelle der Klientelpolitik immer wieder bei der FDP rausgeholt wird. Die Gruenen bedienen ihre Multi-Kulti-Basis mit abstrusen Sicherer-Drittstaat-Verweigerungsstrategien, die Linken sind sich fuer keine Zote zur Staerkung des gesellschaftlichen wirtschaftlichen Bodensatzes zu schade, und die SPD winkt die Gewerkschaften durch. Alles nur eine Frage der Perspektive; da hat die Klientelpolitik der FDP oft weniger ungewuenschte Nebeneffekte.

      • @Sven :

        Die FDP hat sich da nunmal als besonders unverfroren gezeigt.

    • @Rainer B.:

      Ich verstehe es auch nicht wirklich, was dort mit rot-grün nun schlecht gelaufen sein soll, aber vielleicht wünschen sich viele RLPfälzer ja doch lieber sächsische Verhältnisse?

       

      Und vor 5 Jahren ging eben sehr kurz vor der Wahl Fukushima in die Luft...

    • @Rainer B.:

      FDP-Klientelpolitik unterscheidet grundsätzlich nichts von grüner oder linker Klientelpolitik. In Ihrem Hinweis gibt es keine Entscheidungshilfe für diejenigen, die nicht wissen, ob und was sie wählen wollen. So mag sich jede pudern, wie sie mag.

      • @Chutriella:

        Der Unterschied liegt in Ausmaß, Umfang und Spätfolgen der entstehenden Schäden für alle Nicht-Parteimitglieder. Entscheidungshilfen findet man am ehesten, indem man die Parteiprogramme mit der praktischen Politik und ihrem Abstimmungsverhalten bei Sachthemen vergleicht.

        • @Rainer B.:

          Gegen den Schaden, den die Gruenen mit ihrer Verweigerungshaltung bei der Abschiebung illegaler Nordafrikaner ausloesen, verblasst der Schaden (welcher eigentlich?) einer Klientelpolitik der FDP.

          • @Sven :

            Wer abgeschoben wird und wer nicht entscheiden hier immer noch die zuständigen Gerichte - ob ihnen das nun gefällt, oder nicht.

            Wenn ich nur mal an den FDP-Teppichhändler Niebel denke, der Entwicklungshilfe ständig mit Vetternwirtschaft im Ausland verwechselte, komm ich da zu einer ganz anderen Bewertung.