Wahlfälschung in Ägypten: Die Opposition steigt aus
Muslimbrüder und Liberale boykottieren die zweite Runde der ägyptischen Parlamentswahl. Mubaraks Regierung habe "das Versprechen fairer Wahlen gebrochen".
KAIRO taz | Viel auszuwählen gibt es nicht mehr in den ägyptischen Parlamentswahlen. Die beiden größten Oppositionsparteien des Landes, die islamistische Muslimbruderschaft und die liberale Wafd-Partei haben sich aus dem Rennen zurückgezogen.
Sie begründen diesen Schritt mit dem massiven Wahlbetrug, der im ersten Wahlgang am vergangenen Sonntag stattgefunden hat. Auf YouTube und Facebook kursieren Dutzende Videos, die dokumentieren, wie am Wahltag die Urnen mit Stapeln ausgefüllter Wahlzettel für die Regierungspartei des Präsidenten Husni Mubarak aufgefüllt wurden und wie die Sicherheitskräfte Anhänger der Opposition von den Wahllokalen vertrieben haben.
Dementsprechend war das Ergebnis ausgefallen. Die Regierungspartei gewann in der ersten Runde 209 von 221 Sitzen. Die Muslimbruderschaft ging ganz leer aus, der Rest ging an kleinere Parteien und ein paar unabhängige Kandidaten. "Die Mubarak-Regierung hat ihr Versprechen fairer Wahlen gebrochen", rechtfertigte Muhammad Badei, der Chef der Muslimbrüder, den Boykott der Stichwahl, an dem alle Kandidaten teilnehmen, die in der ersten Runde die meisten und zweitmeisten Stimmen, nicht aber 50 Prozent der Stimmen erhalten haben. Nur 27 Kandidaten der Muslimbrüder wären angetreten. Bei den letzten Parlamentswahlen hatten die Islamisten ein Fünftel der Sitze gewonnen. "Die Verbrechen des Regimes zeugen von dessen Schwäche und Verwirrung," sagte Badei und bezeichnete die Wahlen als "illegitim". Amnesty International rief die Regierung auf, die in Videos dokumentierten Vorwürfe der Gewalt und der Einschüchterung nicht zu ignorieren. Aber die offizielle ägyptische Wahlkommission erklärte bereits, dass "die Vorkommnisse die Integrität des Wahlergebnisses nicht in Zweifel ziehen."
Nach offiziellen Angaben lag die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang bei 35 Prozent. Hafez Abu Saada von der ägyptischen Menschenrechtsorganisation spricht dagegen von 15 Prozent. Im zweiten Wahlgang dürfte die Beteiligung nächsten Sonntag noch niedriger liegen. Ein peinlicher Sieg der Partei Mubaraks im Bereich von 90 Prozent ist absehbar.
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