: Wahlen und Gewalt
■ Salvadors Opposition will an Wahlen teilnehmen
Jahrzehntelang haben die USA in Mittelamerika die skrupellosesten Diktaturen skrupellos ausgehalten. Daß nun gerade ein Reagan die Durchführung von Wahlen zum zentralen Pfeiler einer Politik moderner Aufstandsbekämpfung gemacht hat, ist insofern bittere Ironie der Geschichte. In Guatemala, Honduras und El Salvador haben gewählte Regierungen die Diktaturen abgelöst. Doch die reale Macht liegt weiterhin bei den Militärs, es gibt weiterhin Todesschwadronen, Hunger und Elend. Über Wahlen werden fundamentale Bedürfnisse nicht befriedigt, nicht einmal das nach demokratischen Verhältnissen. All das ist richtig, aber kein Argument gegen Wahlen. Es verweist nur auf deren eingeschränkte Bedeutung in Ländern, in denen die elementarsten Bedürfnisse der Menschen mißachtet werden und in denen jede aufklärerisch-liberale Kultur, der historische Humus bürgerlicher Demokratie, fehlt.
Im Frühjahr 1982 konnte die salvadorianische Opposition die Wahl mit guten Gründen ablehnen. Immerhin war anderthalb Jahre zuvor ihre gesamte politische Führung hingemordet worden. Paradoxerweise hat in den folgenden Jahren gerade die Guerilla es erschwert, eine Wahlenthaltung überzeugend zu begründen. Über den militärischen Druck hat sie indirekt politische Freiräume erzwungen, in denen - in Schranken gesellschaftliche Opposition möglich wurde. Ob die Regierung aber willens und auch fähig ist, wirklich freie Wahlen, das heißt auch das Leben oppositioneller Politiker zu garantieren, steht allerdings noch längst nicht fest. Doch die Oppositon muß sich auf dieses Risiko einlassen wohlwissend, daß in Mittelamerika noch immer die Gewalt entschieden hat - in Guatemala, El Salvador und auch in Nicaragua.
Thomas Schmid
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