Wahlen in Italien: Westerwelle warnt vor Berlusconi
Umfragen zeigen Silvio Berlusconi vor der Wahl in Italien im Aufwind. Das passt der deutschen Regierung gar nicht. Sie fürchtet um die Zukunftsfähigkeit des Partners.
BERLIN afp | Die schwarz-gelbe Koalition beunruhigt angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen in Italien eine mögliche Rückkehr von Silvio Berlusconi an die Regierungsspitze.
„Wir sind natürlich nicht Partei im italienischen Wahlkampf. Aber wer auch immer die neue Regierung stellt, wir setzen darauf, dass der proeuropäische Kurs und die notwendigen Reformen fortgeführt werden“, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) der Süddeutschen Zeitung.
Westerwelle verfolge den italienischen Wahlkampf sehr genau, hieß es demnach aus seinem Umfeld. Italien sei aufgrund seiner Größe und Wirtschaftskraft „ein Schlüsselland zur Überwindung der europäischen Schuldenkrise“. Die Fortführung des unter der Regierung von Mario Monti begonnenen Reformkurses sei daher von großer Bedeutung nicht nur für Italien selbst, sondern für ganz Europa.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte der SZ: „Italien braucht ein politisches Führungspersonal, mit dem man Zukunft verbindet. Dafür steht Berlusconi sicherlich nicht.“ Es gehe „auch um Vertrauen und Glaubwürdigkeit“. „Die Gerichtsverfahren, die gegen Berlusconi laufen, wirken sich negativ auf seine politische Glaubwürdigkeit aus“, kritisierte Polenz. In einer Lage, in der Italien wieder Tritt fassen müsse, erhielten solche Defizite besonderes Gewicht.
Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, verwies in der SZ auf Berlusconis juristische Probleme. „Letztlich wissen auch die italienischen Bürgerinnen und Bürger um die Konsequenzen einer solchen Wahl. Es gibt eine Dauerbelastung zwischen Regierungschef und Justiz“, sagte der SPD-Politiker.
In Italien wird am kommenden Sonntag und Montag ein neues Parlament gewählt. In Umfragen hatten die hinter Berlusconi stehenden Mitte-Rechts-Parteien zuletzt deutlich aufgeholt. Der Vorsprung des Mitte-Links-Bündnisses mit dem sozialdemokratischen Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani hingegen schmolz zusammen. Bersani will im Falle eines Wahlsiegs die Reformagenda des derzeitigen Regierungschefs Monti fortsetzen, der mit seinen Maßnahmen Italien aus der Schuldenkrise zu führen versuchte.
Gegen Berlusconi laufen mehrere Gerichtsverfahren. Im sogenannten Rubygate-Prozess wird ihm vorgeworfen, 2010 mit der damals minderjährigen marokkanischen Tänzerin Karima El Mahrough alias Ruby Sex gehabt und seine Macht als Ministerpräsident missbraucht zu haben, um Rubys Freilassung nach ihrer Festnahme wegen Diebstahls zu erwirken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern