Wahlbeobachter (I): Strengt Euch an!

Fehlt Ihnen die Spannung im Bundestagswahlkampf? taz bremen hilft: Bei uns beobachtet jeweils die politische Gegenseite Auftritte der Partei-Prominenz. Folge I: Christoph Spehr (Die Linke) besucht Angela Merkels Bremen-Gastspiel auf dem Markt

Je höher der Einsatz, desto spannender das Rennen Bild: DPA

Die Kanzlerin kommt! Überraschenderweise wollen die Kinder mit, Renée und ihre Freundin Ayleen, man weiß ja noch nicht, was man mal werden will, vielleicht Kanzlerin. Also stehen wir um halb acht auf dem Markt, ganz von-der-leyensch, die Mütter müssen noch arbeiten.

Fehlt Ihnen die Spannung im Bundestagswahlkampf? taz bremen sorgt für Abhilfe: In unserer kleinen Serie beobachtet jeweils die politische Gegenseite Auftritte der Partei-Prominenz.

Zum Auftakt kommentiert Christoph Spehr (Die Linke) die Performance von Angela Merkel (CDU) auf dem Marktplatz.

Die Band auf der Bühne spielt "Shes got it", dann kommt sie: "Die Frau, der die Menschen in der Krise vertrauen", ruft der Moderator. Vorne gibts Sitzplätze, hinten wird ein wenig gepfiffen, dazwischen protestiert der Bund deutscher Milchviehhalter.

Merkel spricht über die Krise. Die Krise ist gekommen, weil man sich nicht an die Regeln gehalten hat, vor allem die Banker. Nur wenn wir uns moralisch reinigen, werden wir hinterher die Ersten sein: "Und es wird einen großen Wettbewerb geben auf der Welt", sagt sie, ganz biblisch.

Merkel erklärt von der Leyens Familienpolitik, und ich verstehe endlich, wofür die CDU "die Kraft haben" will: Zu akzeptieren, dass die Welt sich ändert, auch wenn das schwer ist für Konservative. Mit arbeitenden Müttern, Vätern die sich auch mal um die Kinder kümmern müssen, und so vielen Kindern, "die, wie man so sagt, einen Migrationshintergrund haben". Das ist brillant. Dann sagt sie: "Und falls noch Kinder auf dem Platz sind, denen sage ich: Ihr sollt gute Bedingungen haben, aber ihr müsst euch auch anstrengen!" Das finden meine Kids nicht so brillant.

Was die CDU vorhat ab dem 27. 9., darüber erfährt man nichts. Die Rede ist nach 45 Minuten zu Ende, ohne dass Worte gefallen wären wie FDP, Atomkraft, Kündigungsschutz, Steuersenkung, Insolvenz, Hartz oder Afghanistan. Das Podium stimmt die Nationalhymne an, aber die Menge geht nicht mit. Die Band spielt "Angie" von den Stones: "With no loving in our souls, and no money in our coats, you cant say were satisfied." Ein Hauch von Bitterkeit weht über den sich leerenden Platz.

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