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Wahlanfechtung wegen Block-Vermögen?

Bonn (ap) - Falls die künftige gesamtdeutsche CDU und die bereits vereinigten Liberalen nicht sofort ihr Gesamtvermögen offenlegen und erklären, kein Geld der früheren Blockparteien im Wahlkampf einzusetzen, droht eine Anfechtung der ersten gesamtdeutschen Wahl. Diese Auffassung vertrat am Freitag vor Journalisten in Bonn der Staatsrechtler Hans-Peter Schneider, ehemaliges Mitglied der Sachverständigenkommission Parteienfinanzierung beim Bundespräsidenten. Auch bestehe die Gefahr eines neuen Parteienfinanzierungsskandals, „der alles bisher Gewesene in den Schatten stellt“.

Schneider erinnerte daran, daß die Parteien seit 1984 auch über ihr Vermögen Rechenschaft ablegen müssen. Nach dem Beitritt der Nachfolgerin der früheren DDR-Blockpartei LDPD zu den Liberalen und dem geplanten Beitritt der DDR-CDU zu den Christdemokraten müßten Gesamt-FDP und -CDU als Rechtsnachfolger diesem Transparenzgebot Rechnung tragen. Schneider forderte die beiden Parteien auf, sofort eine Schluß- und Eröffnungsbilanz vorzulegen.

Der Staatsrechtler an der Universität Hannover erklärte, nach zum Stichtag 30. Juni vorgelegten Schätzungen habe die DDR-CDU ein Gesamtvermögen von 1,2 bis 1,5 Milliarden. Dieses Vermögen stamme nicht aus Mitgliedsbeiträgen oder Spenden, sondern aus staatlichen Zuwendungen. Ihm stünden Schulden der Bundes-CDU von 63,3 Millionen Mark gegenüber. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Chancengleichheit der Parteien schreibe vor, daß keine Partei von Staats wegen bevorzugt oder benachteiligt werden dürfe. Diese Chancengleichheit sei aber „ernsthaft gefährdet, wenn CDU und FDP nicht öffentlich erklären, daß sie von dem zusätzlichen Vermögen keinen Gebrauch machen“. Wenn eine entsprechende Klausel nicht in den Wahlvertrag mit der DDR aufgenommen werde, sehe er „gute Chancen“ für eine Klage wegen Verletzung der Chancengleichheit bei der Wahlvorbereitung, sagte Schneider.

Die DSU kündigte unterdessen in Ost-Berlin einen Gesetzentwurf zur „Enteignung der Grundvermögen von Parteien und Massenorganisationen“ an.

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