Wahl neuer Verfassungsrichter: Kein Vorschlag ohne die Grünen
Ein starkes rot-grünes Signal: Die SPD berücksichtigt bei ihren Vorschlägen für neue Verfassungsrichter Kandidaten der Grünen. Die wollen vor allem Frauen nach Karlsruhe bringen.
FREIBURG taz | Mit den Grünen kann erstmals auch eine kleine Oppositionspartei bei der Neuwahl von Verfassungsrichtern mitreden. Das ist nicht nur ein Zugeständnis der SPD, sondern auch Ausdruck der schwindenden Größe der Volksparteien.
In den nächsten Monaten werden vier von sechzehn Verfassungsrichtern neu gewählt, drei davon vom Bundestag, einer vom Bundesrat. Erforderlich ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit. Dies führt traditionellerweise dazu, dass sich SPD und CDU/CSU über Pakete einigen, wobei immer eine der großen Parteien das Vorschlagsrecht hat. FDP und Grüne bekamen bisher nur ein Vorschlagsrecht, wenn sie gerade an der Regierung beteiligt waren.
Die Grünen gingen deshalb lange Zeit leer aus. Erst als 1998 die rot-grüne Koalition gebildet wurde, durften auch sie einen Vorschlag machen. Allerdings wurden ihre Kandidaten zunächst von der Union abgelehnt. Erst beim dritten Vorschlag - dem renommierten Gießener Professor Brun-Otto Bryde - konnte die Union 2001 nicht mehr Nein sagen.
Nun endet die Amtszeit Brydes altersbedingt im Januar 2011. Doch die Grünen wollen auch auch in der Opposition ihr Vorschlagsrecht behalten. "Es ist ein Anachronismus, dass SPD und Union die Richterwahlen unter sich ausmachen", kritisierte Renate Künast, die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Und vermutlich hat die grüne Forderung auch Erfolg. Die Verhandlungsführerin der SPD, Exjustizministerin Brigitte Zypries, soll Entgegenkommen signalisiert haben.
Das ist natürlich ein starkes rot-grünes Signal. Einerseits. Andererseits hat die SPD seit der letzten Bundestagswahl auch gar keine Sperrminorität mehr, weil die SPD deutlich weniger als ein Drittel der Sitze hat. Und es gab wohl Signale aus dem schwarz-gelben Lager, dass man einen grünen Vorschlag eventuell mittragen würde - auf Kosten der SPD. Nun schlagen also SPD und Grüne gemeinsam die feministische Berliner Rechtsprofessorin Susanne Baer vor.
Doch die Schwäche der SPD führt dazu, dass Zypries auch bei den anderen beiden Richterposten, bei denen die SPD das originäre Vorschlagsrecht hat, mit den Grünen sprechen muss. Zunächst ist im November die Richterin Lerke Osterloh zu ersetzen. Hier ist die Gießener Professorin Gabriele Britz aussichtsreichste Kandidatin. Bei der Nachfolgerin der Richterin Christine Hohmann-Dennhardt sind noch viele Namen im Gespräch, unter anderem die Frankfurter Professorin Ute Sacksofsky.
Dass es bei den Neuvorschlägen vor allem um Frauen geht, ist kein Zufall. Denn zuletzt ist der Frauenanteil in Karlsruhe auf drei von sechzehn RichterInnen gesunken. Und da die Union nur alle Jahrzehnte eine Frau benennt, sorgt hier Rot-Grün für mehr Ausgewogenheit.
Die Union schlägt als Nachfolger für den ausscheidenden Richter Siegfried Broß wohl den Thüringer Innenminister Peter-Michael Huber vor.
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