Wahl in Kongo-Brazzaville: Sassou-Nguesso macht's noch mal

Der autoritäte Amtsinhaber Denis Sassou-Nguesso kandidiert wieder. Am Wahltag wurde das Internet wegen erwarteter Proteste abgeschaltet.

Denis Sassou Nguesso grüßt winkend

Denis Sassou Nguesso, Päsident von Kongo-Brazzaville, gibt auch nach 36 Jahren noch nicht auf Foto: reuters/Benoit Tessier

BERLIN taz | Er ist 77 Jahre alt, 36 davon hat er inzwischen als Präsident eines Landes verbracht, dessen Bevölkerung ein Durchschnittsalter von 19 Jahren hat. Und jetzt will Denis Sassou-Nguesso eine weitere fünfjährige Amtszeit als Präsident der Republik Kongo, gemeinhin als Kongo-Brazzaville bekannt, um sie von der viel größeren benachbarten Demokratischen Republik Kongo zu unterscheiden. In der Hauptstadt Brazzaville war zum Wahltag am Sonntag das Internet abgeschaltet, um die zu erwartenden Proteste zu erschweren.

Als Denis Sassou-Nguesso 1979 zum ersten Mal Staatschef wurde, hatte sein Land von etwa der Größe Deutschlands keine zwei Millionen Einwohner. Heute sind es immer noch unter sechs Millionen, aber Sassou-Nguesso hat sich vom jungen Offizier zum Elder Statesman gewandelt, der als Doyen aller Präsidenten im frankophonen Afrika viele Geheimnisse kennt und als erfahrener Mediator und diskreter Gastgeber geschätzt wird.

Im eigenen Land steht Sassou-Nguesso für einen autoritären Zentralstaat alter Schule, der die Reichtümer des Landes erst dann an die Bevölkerung verteilt, wenn die Elite sich bedient hat, und der auf jedes ernsthafte Infragestellen seiner Herrschaft mit Gewalt antwortet. Seine Militärausbildung erhielt der junge Sassou noch von der französischen Kolonialarmee, 1960–1961 in Algerien mitten in der Schlussphase des Algerienkrieges, und das Militärverständnis jener Zeit hat er auch im Umgang mit dem eigenen Land bewahrt.

Sein erster Putsch fand 1968 statt

1968 nahm er an seinem ersten Putsch teil, der den Fallschirmspringer Marien Ngouabi an die Macht brachte und das Land in die „Volksrepublik Kongo“ verwandelte, mit einer marxistisch-leninistischen Einheitspartei und einem Sicherheitsapparat unter Kontrolle von Sassou-Nguesso. Der ging 1979 aus den Wirren nach Ngouabis Ermordung als neuer starker Mann hervor.

Sassou-Nguesso erwies sich als politisches Chamäleon. Er predigte einen „wissenschaftlichen Sozialismus“ aus inhaltsleeren Phrasen – und pflegte zugleich ein intimes neokoloniales Verhältnis zu Frankreichs Ölindustrie, von der Kongo-Brazzaville finanziell abhängig war. Nachdem der Staatssozialismus passé war, erklärte sich Sassou-Nguesso zum Demokraten und setzte freie Wahlen an, die er 1992 prompt verlor – nur um sich 1997 in einem brutalen Bürgerkrieg zurück an die Macht zu kämpfen, die er seitdem nicht mehr preisgegeben hat.

Seitdem gibt er den weisen Landesvater, der so hoch über den Dingen steht, dass er 2006 bei der UN-Generalversammlung in New York mit seiner Familie 44 Luxushotelzimmer belegen konnte, für eine hohe sechsstellige Dollarsumme. Vier Jahre später stellte er zum 50. Unabhängigkeitstag Kongo-Brazzavilles fest: „Unser Land wird nicht komplett unabhängig sein, solange unser Volk nicht frei vom Joch der Armut ist.“

Heute lebt fast die Hälfte der Bevölkerung immer noch in absoluter Armut. Und Sassou-Nguesso sitzt fest im Sattel. Die Wahl? Eine Formsache.

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