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Wahl in BayernEin Sarg und eine Wurstfabrik

In Arzberg kämpft Heike Simmler um eine gute Schule und darum, dass die Grenzregion der Welt nicht wurscht ist.

Lieber schnell durchfahren? Bild: dpa

So ein Sarg ist ein starkes Symbol. Todesangst, Exitus, Leiche rein, Deckel zu. Die CSU will dagegen so gerne fürs Leben stehen. Exitus? Zukunft! Innovation! Chancen für alle! Und dann laufen ein paar hundert Leute durch ein Städtchen in Oberfranken und tragen einen Sarg.

Heike Simmler kichert. Katrin Häcker grinst. Peter Gräf sagt unschuldig: "Der Sarg lag halt so rum, noch vom sechshundertjährigen Stadtjubiläum." Sie haben eingeladen zu Salzbrezeln und Butterkeksen, um einem zu erzählen, was sie aufbringt.

Treffpunkt: Gerätemuseum, 20 Uhr. Heike Simmler ist vor ein paar Minuten drüben in der Arzberger Grundschule wieder einstimmig zur Elternbereitsvorsitzenden gewählt worden, ihre Tochter geht in die Klasse 3b. Katrin Häcker, ein Sohn in der 2a, einer in der 3b, blättert noch in einer Tupperbroschüre - die Spätzlereibe interessiert sie -, da hat Peter Gräf, Sozialdemokrat, Tochter in der 1a, schon den ersten Satz mit "Was uns ärgert …" eingeleitet.

Worum geht es? In Arzberg, einen Spaziergang von der tschechischen Grenze entfernt, hatte die Grundschule immer zwei Klassen pro Jahrgang. Das ist ein Erfolg hier im Kreis Wunsiedel, für den bis 2025 ein Bevölkerungsrückgang von 15 Prozent prognostiziert ist. Aber Ende Juli erfuhren die Eltern, dass es eine Kombiklasse geben soll: Schulanfänger lernen zusammen mit Zweitklässlern.

Bayerns Regierung lobt die pädagogischen Effekte dieser Lösung, zugleich soll sie aber auch Grundschulen retten, die nicht einmal genug Schüler für eine erste Klasse zusammenbekommen. Hier fängt der Ärger der Eltern an: Arzberg hat doch genug Schüler! Und wenn die Kombiklasse so gut ist, warum bitte schön gibt es zusätzlich je eine erste und eine zweite Klasse?

Sie kamen zu dem Schluss, dass es eigentlich ums Sparen geht: Statt vier Lehrern für 72 Erst- und Zweitklässler würden jetzt nur drei gebraucht. Wieder so eine Münchner Mogelpackung für die Oberfranken-Halbossis - sie tippten Mails, sammelten Unterschriften und holten sich Abfuhren vom Schulamt.

Und natürlich die Sargdemo. Eine Demonstration gab es hier in den Neunzigern, und wenn Peter Gräf davon erzählt, wird schnell klar, warum die Arzberger misstrauisch sind.

Damals schloss die letzte von drei Porzellanfabriken und München versprach Hilfe. "Silicon Arzberg", witzelt Peter Gräf, "passiert hier nicht." Fürs Porzellan kamen nur Wurst und Leberkäse. Wenn nun der Wurstfabrikant, fährt Gräf fort, einen Ingenieur einstellen will, frage der natürlich, wie er mit der Familie so leben würde in Arzberg. Wenn dann nicht mal die Schule was bietet - zum Beispiel kleine Klassen -, geht er woandershin. Weshalb der Schule erst recht die Kinder ausgehen.

Sie haben gekämpft, aber am Sonntag ist Landtagswahl und die CSU hat sich nicht gerührt. Regiert sie weiter, haben die Arzberger Eltern erst recht keine Chance. Heike Simmler sagt: "Wir sind denen egal."

Aber vielleicht muss das nicht so bleiben. An der Schule unterrichtet ein junger, engagierter Lehrer. Nächstes Ziel: Der Mann soll langfristig an der Schule bleiben. Wenn auch das nicht klappt? Dann sieht wenigstens jeder Wurstfabrikingenieur, dass Arzberg kein totes Kaff ist. "Arzberg lebt", sagt Peter Gräf. So gesehen ist der Sarg ein Lebenszeichen.

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