Wahl in Bangladesch: Eine reine Farce
Im Bangladesch lässt die Regierungspartei am Sonntag ein neues Parlament wählen. Die Opposition rechnet mit Manipulationen und boykottiert die Wahl.
BERLIN taz | Diese Wahl hat die Awami-Liga (AL) schon Wochen vor dem Wahltag am kommenden Sonntag gewonnen. Die wichtigste Oppositionspartei, die konservative BNP, und ihre Verbündeten boykottieren den Urnengang. Die Konkurrenz der Regierungskoalition besteht nur aus unabhängigen Kandidaten und sozialistischen und islamistischen Kleinstparteien.
In 154 der 300 Wahlkreise gibt es keine Gegenkandidaten. Ein Wahlkreis entspricht einem Sitz. Sollte die AL-Koalition alle weiteren Wahlkreise verlieren, was nahezu ausgeschlossen ist, stellt sie trotzdem die Mehrheit im Parlament.
Trotz der sich abzeichnenden Farce setzt die Regierung von Ministerpräsidentin Sheikh Hasina alles daran, die Wahl durchzuziehen. Die von der BNP unter Khaleda Zia geführte Opposition, fürchtet eine Manipulationen. Denn die AL hat die in der Verfassung vorgesehene Einrichtung einer neutralen Übergangsregierung gestrichen, die bislang dafür verantwortlich war, Wahlen zu organisieren.
Seit Wochen schon geht die Opposition auf die Straße: 2013 gab es mehr als 50 Generalstreiks. Bei Ausschreitungen starben 150 Menschen, darunter vor allem Oppositionsaktivisten, aber auch Polizisten und AL-Politiker. Die AL nutzt dabei die Polizei für ihre Zwecke: Während am vergangenen Wochenende eine Demo der Opposition von Wasserwerfern beschossen wurde, verprügelten AL-Aktivisten Demonstranten. Zugleich hielt die Polizei Oppositionsführerin Zia in ihrer Villa fest.
Am Samstag starben bei weiteren Protesten zwei Menschen. Dabei handelte es sich um zwei AL-Politiker, so die Polizei. Mehr als ein Dutzend Wahllokale seien seit Freitag außerdem von BNP-Anhängern in Brand gesetzt worden.
Keine internationalen Wahlbeobachter
Dass nicht alles ganz sauber läuft, zeigen auch die Reaktionen anderer Länder und internationaler Organisationen. Nachdem ein Vermittlungsversuch der UN scheiterte, kündigten die EU, der Commonwealth und die USA an, keine Wahlbeobachter zu entsenden. Die Regierung scheint unbeeindruckt.
Ironischerweise erinnert die jetzige Situation an die Verhältnisse vor 18 Jahren, als die Rollen genau vertauscht waren. Die BNP stellte die erste demokratische Regierung nach jahrzehntelanger Militärherrschaft, während die AL in der Opposition eine Wahlmanipulation befürchtete und die Einrichtung einer Übergangsregierung forderte.
Das Ergebnis waren tagelange Generalstreiks und eine Wahl im Februar 1996, an der nur die Regierungspartei teilnahm. Die BNP gewann, sah sich aber gezwungen, die Wahlen zu wiederholen. Die gewann dann die AL.
Davor war eine Übergangsregierung in die Verfassung geschrieben worden. Jede Regierung musste seitdem vor Ende der Legislaturperiode die Macht an Unparteiische abgeben, die innerhalb von 90 Tagen die Parlamentswahl organisierten. Das System war insofern erfolgreich, als seitdem bei jeder Wahl die amtierende Regierung abgewählt wurde.
Islamistenpartei von Wahl ausgeschlossen
Doch 2006 behielt die Übergangsregierung mit Hilfe des Militärs die Macht und klagte beide Parteichefinnen wegen Korruption an. Als sie 2008 unter internationalem Druck doch noch Wahlen organisierte, gewann die AL.
Seitdem hat diese einiges getan, um die eigene Macht zu festigen. Neben der Abschaffung der Übergangsregierung stellte sie ein gutes Dutzend Oppositionspolitiker für Verbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971 vor Gericht. Die Opposition hält dies für politisch motiviert. Auch international gab es Kritik wegen zahlreicher Verfahrensfehler. Die islamistische Oppositionspartei Jamaat-e-Islami, eine enge Verbündete der BNP, ließ die AL von der Wahl ausschließen.
Ob die AL jetzt unter fairen Bedingungen gewinnen würde, ist zweifelhaft. Nach mehreren Korruptionsskandalen, bei denen sogar Familienmitglieder Sheikh Hasinas beschuldigt wurden, war die Partei schwer unter Druck. Bei den letzten Kommunalwahlen gewannen stets Kandidaten der BNP. Eine Umfrage der Zeitung Dhaka Tribune zeigte außerdem, dass 77 Prozent der Wähler die Wahl am Sonntag als undemokratisch ablehnen und dass bei einer Teilnahme der BNP diese wohl sehr knapp gewinnen würde.
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