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Wahl im SaarlandDie „Pflöcke“ für Napoleon setzen

Kurz nach der Wahl im Saarland fodern zahlreiche Parteifreunde von Spitzenkandidat Lafontaine dessen Wechsel an die Spree. Die Grünen hingegen sprechen von einem „persönlichen Rachefeldzug“.

Stärkt sich der Linke-Spitzenkandidat für den Wechsel auf die bundespolitische Bühne? Bild: dpa

BERLIN dapd | Trotz des durchwachsenen Ergebnisses bei der Landtagswahl im Saarland fordern immer mehr Linke-Politiker die Rückkehr von Oskar Lafontaine auf die politische Bühne in Berlin. „Wieder einmal hat sich gezeigt, dass Lafontaine eine Größe ist, mit der man in der Bundespolitik rechnen muss“, sagte Nordrhein-Westfalens Linke-Fraktionschef Wolfgang Zimmermann dem Tagesspiegel. Die Grünen sprechen dagegen von einem „persönlichen Rachefeldzug“ des ehemaligen Linke-Chefs.

Zimmermann erwartet noch vor den Wahlen im Mai in Schleswig-Holstein Klarheit über das Personaltableau. „Spätestens nach Ostern müssen die Pflöcke gesetzt werden.“ Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus sagte, mit dem Abschneiden der Linken bei der Landtagswahl sei die „Delle“ aus dem Jahr 2011 „ausgemerzt“. Dank Lafontaine sei die Partei nun wieder auf Erfolgskurs.

Parteichef Klaus Ernst mahnte dagegen, die Genossen sollten sich auf die Wahlkämpfe in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein konzentrieren. Erst danach werde entschieden, wie es in Personalfragen weitergehe, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Grünen-Parteichef Cem Özdemir warf Lafontaine derweil vor, die Wähler für einen „persönlichen Rachefeldzug“ zu missbrauchen. Lafontaines Hauptzweck bestehe wohl darin, Mehrheiten für Rot-Grün zu verhindern, sagte Özdemir.

Die Linke hatte bei der Abstimmung am Sonntag mehr als fünf Prozent im Vergleich zur vorangegangenen Landtagswahl verloren. Mit 16,1 Prozent bleibt sie aber drittstärkste Kraft im Landtag in Saarbrücken. Im Juni wählt die Partei auf dem Bundesparteitag in Göttingen einen neuen Vorsitzenden. Auch für die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2013 sollen dann die Weichen gestellt werden.

Wagenknecht kritisiert große Koalition

Die stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, sieht in dem Ergebnis der Saar-Linken eine „Rückenstärkung“ für eine mögliche Spitzenkandidatur ihres Lebensgefährten. Wagenknecht schränkte dies jedoch ein: „Über die Frage sprechen wir, wenn es soweit ist.“ Es sei jedoch jetzt noch nicht an der Zeit.

Zudem griff Wagenknecht die SPD an und kritisierte die frühe Festlegung der Sozialdemokraten auf eine große Koalition an der Saar. Dadurch habe es für die Menschen keine Wechselperspektive gegeben und die Linke habe viele Stimmen ins „Nicht-Wähler-Spektrum“ verloren, sagte sie.

Ähnlich äußerte sich der Parteivorsitzende. Ernst forderte von der SPD Gesprächsbereitschaft über die Bildung einer rot-roten Koalition. Die Sozialdemokraten müssten sich auf Inhalte konzentrieren, sagte er. „Das Programm, das die Sozialdemokraten haben, ist nur mit der Linken durchsetzbar, nicht mit der CDU.“ Die SPD müsse nun über ihre künftige Ausrichtung entscheiden.

Klare Absage

Von der SPD erhielten die Linken für ihre Koalitionsavancen umgehend eine klare Absage. Dies wäre eine Täuschung der Wähler, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles im Deutschlandfunk. Auch sei das Klima zwischen SPD und Linkspartei nicht vertrauensvoll. Die Frage eines künftigen Bündnisses der SPD mit der Linkspartei auf Bundesebene nannte Nahles abwegig.

Im Nachrichtensender n-tv ergänzte sie, die Bildung einer großen Koalition sei alternativlos. Das Saarland stehe mit dem Rücken an der Wand und Union und SPD seien die einzigen Parteien, „die sich klar für eine Sanierung des Haushaltes ausgesprochen haben“. Sie räumte jedoch ein, dass sich die „ungewöhnliche Stärke der Linkspartei“ im Saarland zulasten der SPD ausgewirkt habe.

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9 Kommentare

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  • H
    hanfbauer

    "die Bildung einer großen Koalition sei alternativlos" sagt Nahles und imitiert damit (vermutlich ohne es merken) den regierenden Hosenanzug auch in der Wortwahl.

    Der Hosenanzug wiederum imitiert wie so oft nur das TINA-Prinzip von Margaret Thatcher ("There Is No Alternative").

    Liebe Spezialdemokraten wenn euch wirklich keine Alternative einfällt, dann geht heim und legt euch zum Sterben ins Bett. In 6 Jahren wird es dann nicht mal mehr für eine Große Koalition reichen. Dann müssen sich eben Linke, Piraten und Grüne zusammenraufen damit sich was ändert...

  • ON
    Ottilie Normalverbraucherin

    Ach, der neoliberale Herr Özdemir wieder!

     

    Özdemir war früher FDP-Mitglied. Und heute macht er dieselbe Politik bei den Pseudo-Grünen.

     

    Die Grünen und die SPD sollten endlich ihren persönlichen Rachefeldzug gegen die Linkspartei stoppen!

     

    Die Linkspartei ist nämlich die einzige Partei, die noch ernsthaft für soziale Gerechtigkeit eintritt!

    (Jedenfalls auf Bundesebene, - auf Berliner Landesebeen hatte sie da auch versagt in der Koalition mit den Spezialdemokraten.)

     

    SPD und Grüne verhindern Rot-Rot-Grün,also genau die Koalition, die die meisten WählerInnen wollen!

     

    Damit zeigen SPD und Grüne sehr deutlich, dass sie immernoch neoliberal sind und dass sie kein bischen sozialere Politik machen wollen. Auch 2013 nicht.

     

    Deshalb ist Rot-Grün unwählbar.

    ------

    Artikel-ZIZTAT:

    "Grünen-Parteichef Cem Özdemir warf Lafontaine derweil vor, die Wähler für einen „persönlichen Rachefeldzug“ zu missbrauchen. Lafontaines Hauptzweck bestehe wohl darin, Mehrheiten für Rot-Grün zu verhindern, sagte Özdemir."

  • G
    GWalter

    GROSSE CHANCE VERSPIELT

     

     

    Wenn die SPD tatsächlich so blöde sein sollte, auf Bundesebene wieder mit der CDU/CSU zu koalieren ist ihr auch nicht mehr zu helfen.

     

    Weit klüger wäre es ein Rot-Rot-Grünes Bündnis einzugehen und darin die Linke zu zermürben.

     

     

     

    Die SPD sollte ja von der CDU gelernt haben wie man es macht.

     

    Was die Saar angeht. Eigentlich hat das Bürgerliche Lager um CDU und auch FDP kein Mandat.

     

    Der Wahlauftrag ist im Grunde klar Links.

     

    Nur ist die SPD im Saarland eben zu blöde den Probelauf zu wagen, dafür wird sie von der CDU vernichtet !!!!

  • O
    Oli

    Wahlen sind nicht die Welt. Die Probleme werden doch von vielen Altparteien nur verschoben oder man tut so, als ob man sie lösen konnte. Zum Beispiel aht Ursula von der Leyen nach dem Hartz-IV-Urteil aus Karlsruhe eine Psyeudo-Lösung präsentiert, die irgendwann auch wieder vor Gericht verhandelt wird.

     

    Und solche Art von Politik kommt nicht gut, deswegen wählen die Leute eben Lafontaine oder Piraten. Erstaunlich ist wohl eher, dass immer noch zwei Drittel im Saarland CDU und SPD wählten. Aber wenn die wirklich so viel einsparen werden, dann könnte das die letze Wahl dieser Art gewesen sein.

  • JK
    Juergen K.

    Auch unter den Gruenen Wählern gibt es nunmehr Hartz4er.

     

    Die haben sich nur nicht abgespalten.

     

    Die Wähler der anderen Parteien -hier exemplarisch SPD und CDU- sei VORGERECHNET:

     

    SPD und CDU haben 65% der Stimmen.

     

    Es gibt aber nur 10%, die 50% aller Steuern,

    BZW. NUR 50 % die 90% aller steuern zahlen.

     

     

    Da haben sich wenigstens 15% der Bevölkerung,

    dividiert durch die Wahlbeteiligung 0,6

     

    also 25% verwählt.

     

    Ganz simpel verwählt.

     

    Das Volk ist blöd. Voll krass blöd.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

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  • N
    Nordwind

    Da stößt selbst Alkohol an seine Grenzen wenn ein Özdemir meint es handele sich um einen Rachefeldzuge wenn Linke die Bildung einer neoloiberalen Rot-Grünen-Regierung verhindern wollen.

     

    Cem, wie dusselig oder besoffen muss man denn sein um so etwas von sich zu geben! Oder soll da mal wieder eine kleine Kampagne zum laufen gebracht werden?

     

    Denn der kleine ?PD-Trollo Gabriel bläst schon ins gleiche Horn. Er vertritt die Auffassung Lafontaine hätte zum dritten mal in Folge einen CDU-Regierungschef ins Amt gebracht.

     

    Dabei gibt es doch eine ganz andere Erklärung als einen Rachefeldzug:

     

    Wähler der Linken haben eben nicht vergessen welche Verwüstungen die neolineralen Parteien unter Schröder/Fischer im Sozialen und mit der Entfesselung der Finanzindustrie angerichtet haben.

     

    Und sie sehen vollkommen richtig, dass es keinen wirklichen Unterschied zu der Roten und Grünen zu den anderen Parteien des neoliberalen Blocks gibt.

  • H
    Hans

    Es wird weder den Linken viel bringen, Oskar Lafontaine aufzustellen, noch werden sie stark verlieren, wenn sie ihn aufstellen. Das Problem ist doch, dass Lafontaine das schlechte Gewissen der SPD ist. Und die kann über ihre gescheiterten Reformen nicht sprechen, bzw. die wollen nicht auf die Couch zum Psychologen und Änderungen herbeiführen.

     

    Genau das will aber Lafontaine. Ihm geht es ja noch nicht mal um die Linke als Partei, sondern darum die Fehlsteuerungen von Gerhard Schröder zu korrigieren.

    Und da hat er Recht: Die Riesterreform bzw. das starke Absenken der staatlichen Rente hat jeden Druck entfernt, staatlicherseits für eine ausreichende Altersversorgung der Bevölkerung zu sorgen. Ohne diese Absenkungen müsste der Staat jede Steuersenkung ablehnen und schon jetzt mit gerechteren Steuern anfangen.

     

    Beispiel II: Durch die Hartz-Reformen leben immer mehr Menschen in Armut, stocken ihren Niedriglohn mit Hartz auf oder arbeiten nicht kostendeckend. Anstatt kreativ neue Beschäftigung zu schaffen, intensiviert Hartz-IV eine Abstiegsspiralle für Niedriglohnbranchen und schlechte Jobs. 2012 stehen Menschen in Fabriken von namenhaften Industrieunternehmen und der Staat muss die Kinder dieser Menschen alimentieren.

     

    Nur: Die SPD will sich dieser Realität nicht stellen, jedenfalls nicht als Regierungspartei. Auf dem letzten Parteitag haben allerdings Delegierte schon gemerkt, wie schlecht diese Reformen, Kernstück der rot-grünen Jahre, sich auswirken und welche Problematiken auf Dauer daraus entstehen. Dass Lafontaine die SPD stellen will, macht die Sache eben nicht einfacher, sondern komplizierter. Andererseits ist der SPD auch nicht zu helfen: Wieviele Abschocker braucht es denn noch, bis dort mal jemand aufwacht?

     

    Die große Koalition ist der nächste Rohrkrepierer und ein unklares neues Rot-Grün könnte auch für alle Beteiligten nach Hinten losgehen, zumal Özedmirs Wortwahl auch schwer zu ertragen ist. Wenn ich mich richtig erinnere, ist gerade an der Saar deutlich geworden, wie dünn das Eis der Grünen manchmal ist. Für dicke Sprüche bittet es sich wohl kaum an.

  • M
    Marc

    Lafontaine sollte nicht an die Spree, sondern in den Ruhestand wechseln, denn sein Zenit ist überschritten. Nach den dramatischen Verlusten vom Sonntag und den seinen abstrusen Wortmeldungen macht sich Lafontaine immer mehr zur Groteske der Politlandschaft. Die junge Generation kann mit so einem Fossil wie Lafontaine eh nichts mehr anfangen und läuft scharenweise zu den Piraten. Wenn der Dogmatismus des selbstverliebten Lafontaine beseitigt wäre, würde es auch wieder mit linken Mehrheiten in Deutschland klappen.

  • S
    Steuerzahler

    "Von der SPD erhielten die Linken für ihre Koalitionsavancen umgehend eine klare Absage. Dies wäre eine Täuschung der Wähler, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles im Deutschlandfunk."

     

    Das ist völliger Unsinn und zeigt, dass die SPD leider den Wählerwillen falsch auslegt!

    Wie angesichts einer tendenziell linken (wenn man denn die SPD traditionell einordnet) Wahlmehrheit so ein Unfug erzählt werden kann ist mir schier ein Rätsel!

     

    Warum glaubt die SPD, dass sie gewählt wird? Damit die CDU regiert?