: Wagnis mit Rückendeckung
Seit 2018 bereiten wir die größte Transformation in unserer Geschichte vor: die Seitenwende. Die taz-Chefinnenredaktion über die letzte Woche des werktäglichen Drucks und darüber, worauf es jetzt wirklich ankommt

Es ist so weit. Kommende Woche produzieren wir unsere letzten Tageszeitungsausgaben, die wir noch in den Druck schicken und dann zu Euch und Ihnen in die Briefkästen. Danach, Ihr kennt das, gibt es weiter die tägliche taz, zwar auch noch in gewohnter Zeitungsoptik, aber eben digital für Desktops, Laptops, Tablets oder Handys. Und natürlich unsere weiterhin auf Papier gedruckte wochentaz. Und alle Inhalte auch frei zugänglich und über unser einzigartiges Bezahlmodell „taz zahl ich“ solidarisch unterstützbar auf taz.de.
Der Weg bis zu dieser Seitenwende war wirklich ein langer. Seit der Ankündigung im Sommer 2018 sind wir ihn mit Euch zusammen gegangen, haben Jahr für Jahr gemeinsam mit Euch auf den Genossenschaftsversammlungen darüber diskutiert. Zuerst waren wir nicht alle einer Meinung darüber, wohin sich der Journalismus entwickelt, und manchmal ging es dabei auch recht engagiert, also auch kontrovers zu. Muss es an so einer zentralen Frage auch. Dann irgendwann haben wir mehr und mehr vorgestellt, was wir Neues entwickeln, und darüber gesprochen, wie wir damit den Sprung ins Digitale schaffen wollen, nachdenklich oft, aber immer optimistischer. Und zuletzt konnten wir bei der Geno-Versammlung die Übersetzung eines wundervollen taz-Mottos fast schon physisch im Raum spüren: „Getragen von vielen“.
Das war so schön.
Und es hat uns Rückhalt gegeben, den wir gerade jetzt besonders brauchen.
Denn natürlich ist das Ganze auch ein Wagnis. Wir wissen nicht, wie viele der täglichen Abonnentinnen und Abonnenten uns letztlich wirklich in die digitale Zeitung folgen und dann vor allem auch lange bei uns bleiben. Wir wissen nicht, wie gut unser Solidarmodell – Journalismus für alle, und alle, die können, zahlen für die, die nicht oder nicht so viel geben können – rechnerisch in Zukunft aufgeht. Ein Spaziergang wird das sicher nicht.
Und natürlich gibt es auch in der taz, auf allen Etagen und in den verschiedenen Abteilungen und Redaktionen, bei den Autor*innen in Deutschland und in der Welt, Schmerz. Abschiedsschmerz. Es wird sich merkwürdig nackt anfühlen, wenn wir am Montag, den 20. Oktober ins Haus kommen, und da liegt nicht der gewohnte Papierstapel am Empfang, von dem wir uns ein Exemplar herunterfischen und damit zum Schreibtisch gehen.
Liebe Genoss*innen, Sie sind gefragt.
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Aber Ihr fahrt und Sie fahren auch – zumindest größtenteils – U-Bahn, Tram oder Bus; auf dem Weg zur Arbeit, in die Schule, zum Einkauf, ins Kino, ins Konzert, auf den Markt, ins Grüne oder in die Stadt. Und was Ihr da ziemlich sicher seht, sind Menschen, die auf ihr Handy blicken, wenn sie denn etwas lesen. Höchstens im Zug oder natürlich im Café kann hier und da eine Tageszeitung erspäht werden. Die Erkenntnis, dass sich die gedruckten Tageszeitungen aus dem Alltag und vom Markt verabschieden, haben wir nicht exklusiv. Wir denken deshalb, dass wir auf dem richtigen Weg sind und andere folgen werden.
Hoffentlich schaffen möglichst viele Qualitätszeitungen den Sprung in die Zukunft. Wir brauchen sie alle in diesen Zeiten, die Republik braucht den Journalismus als Stütze und Quell von Demokratie.
Barbara Junge, taz Chefredakteurin
Wir in der taz vertrauen dabei auf die Kraft unseres Journalismus in extrem bescheidenen Zeiten und auf Euch, die Ihr diesen Weg mit uns geht.
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