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Waffenruhe in SyrienFeuerpause droht zu scheitern

Rebellen kündigen eine Offensive an und kritisieren die Genfer Gespräche. Sie werfen dem UN-Vermittler Staffan de Mistura vor, parteiisch zu sein.

Aleppo am vergangenen Wochenende: Nach dem Luftangriff wird nach Überlebende gesucht Foto: reuters

Beirut afp/rtr | Gut sieben Wochen lang hat die Waffenruhe in Syrien gehalten, nun droht ihr Ende. Mehrere vorwiegend islamistische Rebellengruppen kündigten am Montag eine neue Offensive gegen die Armee an. Die Aufständischen begründeten dies in einer Erklärung mit Verstößen der Regierungstruppen gegen die Feuerpause. Bereits am Vortag hatte der Chefunterhändler der Opposition, Mohammed Allusch, neue Angriffe auf die Regierungstruppen gefordert.

„Nach der Zunahme der Verstöße durch Regierungskräfte, darunter die gezielte Vertreibung von Menschen und die anhaltende Bombardierung von Wohnvierteln, erklären wir als Reaktion den Beginn der Schlacht“, schrieben zehn Rebellengruppen am Montag in ihrer Erklärung. Sie drohten der Regierung von Machthaber Baschar al-Assad mit „einer starken Reaktion, die ihr eine Lehre erteilt“.

Die Erklärung wurde von den mächtigen islamistischen Rebellengruppe Dschaisch al-Islam und Ahrar al-Scham unterzeichnet, die in der Region Ost-Ghuta bei Damaskus und in der Provinz Aleppo einflussreich sind. Dschaisch al-Islam wird von Allusch geführt, der bei den derzeit unter Vermittlung der UNO laufenden Friedensgesprächen in Genf der Chefunterhändler der Opposition ist.

Allusch hatte bereits am Sonntag erneute Angriffe auf die Armee gefordert. „Vertraut nicht dem Regime und wartet nicht auf sein Mitleid“, schrieb Allusch auf Twitter. Ein Sprecher von Dschaisch al-Islam sagte am Montag, die Offensive betreffe die Provinz Latakia und habe bereits begonnen.

Die Rebellengruppen machten zudem Front gegen den UN-Vermittler Staffan de Mistura. In einem Brief an die Rebellen-Unterhändler schrieben mehrere Oppositionsgruppen, de Mistura sei „völlig parteiisch, was die Forderungen des Regimes und dessen Verbündeter angeht“.

Hauptstreitpunkt bei den Genfer Gesprächen ist die Zukunft von Assad. De Mistura hatte vorgeschlagen, als Teil einer Übergangslösung Präsident Baschar al-Assad symbolisch im Amt zu belassen und dafür drei Vize-Präsidenten zu ernennen. Die Opposition verwarf den Vorschlag sofort. Sie verlangt Assads Absetzung, der seinerseits die Bildung einer Übergangsregierung ablehnt.

Ein Vertreter des syrischen Oppositionsbündnisses in Genf forderte die Vereinten Nationen sogar auf, die Friedensgespräche vorübergehend auszusetzen. Er sagte der Nachrichtenagentur AFP am Montag, Damaskus müsse unter Beweis stellen, dass es ihm mit dem „politischen Übergang“ und den „humanitären Fragen“ ernst sei.

Eine kleine Abordnung der Opposition treffe deswegen den UN-Sondergesandten für Syrien de Mistura, teilte der Vertreter des Oppositionsbündnisses mit, der jedoch nicht namentlich genannt werden wollte. Die Delegation bleibe aber einstweilen in Genf.

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2 Kommentare

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  • Dschaisch al-Islam und Ahrar al-Scham sind beides Islamistische Gruppen wie wir (also der Westen) typischerweise als Terrorsten bezeichnet. Es ist für mich nicht zu erkennen was an den beiden weniger terroristisch sein soll als an Hamas und Taliban.

     

    Im westlichen Sinne demokratisch sind die beide sehr klar nicht, Saudi-Arabien würde wirklich "demokratische Gruppen" auch wohl kaum unterstützten.

     

    Bei beiden Gruppen besteht der Verdacht der Kooperation mit Al Nusra (Al Kaida in Syrien), die ideologischen Unterschiede sind auch nicht sehr groß.

    Die AL-Nusra ist ausdrücklich vom Waffenstillstand ausgenommen, was das für Gruppen bedeuted die zusammen mit Al-Nusra kämpfen ist kaum klar zu regeln.

     

    Es war ein grundsätzlicher Fehler Terroristen zu unterstützten nur weil auch Sie gegen Assad kämpfen.

     

    Und es war von Anfang an verlogen Russland zu kritisieren das dieses nicht nur den IS bekämpft.

     

    Der IS ist nur eine von mehr als vier großen islamistischen Terrororganisationene (IS, AL-Nusra, Dschaisch al-Islam und Ahrar al-Scham etc.)

     

    Wer in Syrien ALLE Terroristen bekämpft bekämpft prinzipbedingt nicht nur den IS.

     

    Diese Probleme werden jetzt wider akkut und eine wirkliche Lösung sehe ich nicht.

    Helfen würde vielleicht eine klare Aussage "des Westens" (USA / EU) das kämpfer die mit Al-Nusra / Al-Kaida kooperieren ebenso ein legitimes Ziel sind wie die Al-Nusra selbst.

     

    Das währen dann klare Verhältnisse.

  • Dschaisch al-Islam ist eine radikal-salafistische Terrorgruppe, die wie die als terroristische Vereinigung in Deutschland angesehene Ahrar asch-Scham zur Islamischen Front gehört. Als wichtigster Unterstützer der Islamischen Front gilt das Königreich Saudi-Arabien, aber auch die Türkei steht hinter den Terroristen. Sowohl die Dschaisch al-Islam als auch Ahrar asch-Scham nehmen an den Verhandlungen in Genf teil. Russland und Syrien waren gegen deren Teilnahme, die Türkei, die USA, die EU und natürlich Saudi-Arabien hatten sich dafür ausgesprochen.

     

    Es ist ein Verbrechen, dass Staaten wie die Türkei, Saudi-Arabien aber auch die USA und die EU terroristische Vereinigungen unterstützen, um die Assad-Regierung mit Gewalt zu stürzen.