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Waffenruhe in NahostVon „Aggressionen“ und „Verständigung“

Israel und die Palästinenser stellen die gegenseitigen Angriffe nach vier Tagen ein. Beide Seiten interpretieren die getroffene Vereinbarung jedoch unterschiedlich.

Israelische Panzer am Dienstag an der Grenze zu Gaza. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Ab 1 Uhr nachts sollte der Waffenstillstand in Kraft treten. Ein paar Raketen wurden am Dienstag dennoch abgeschossen. Mit ägyptischer Vermittlungshilfe gelang es der Hamas, eine Feuerpause zwischen dem Volkswiderstandskomitee und dem Islamischen Dschihad im Gazastreifen und Israel einzuleiten. Die Hamas hielt sich bis zum Schluss aus den Kämpfen heraus.

Die Bilanz von vier Tagen der gegenseitigen Raketen- und Luftangriffe ist wenig ausgewogen. Verletzte und Schockpatienten in Israel, 26 Tote im Gazastreifen. Trotzdem sprach der Islamische Dschihad von einem „Sieg für das Blut der Märtyrer, das palästinensische Volk und den Widerstand“.

Teil des Abkommens ist, wie Daoud Schebab, ein Sprecher des Islamischem Dschihad, erklärte, dass Israel „die Aggressionen beendet“. Dazu gehöre auch das Ende der Exekutionen aus der Luft. Anlass für den kurzen Krieg war die Tötung zweier Kämpfer des Dschihad, die laut Israel einen größeren Terroranschlag im Süden des Landes planten.

„Wir werden nicht kapitulieren“

In Israel war lediglich von einer „Verständigung“ die Rede, nicht von konkreten Zusagen an die Extremisten. „Solange sie nicht schießen, schießen wir auch nicht“, resümierte Yitzhak Aharonovich, Minister für Innere Sicherheit. Mit der Feuerpause konnte eine schlimmere Eskalation verhindert werden.

„Wir werden nicht kapitulieren“, hatte der Islamische Dschihad noch am Montag verkündet und gedroht, Israel mit neuen Waffen zu überraschen. Dazu gehörten, wie der israelische Abgeordnete Amir Peretz (Arbeitspartei), ehemals Verteidigungsminister, berichtete, Raketen, die Tel Aviv erreichen können. Die Rakete mit der vorerst längsten Reichweite landete am Sonntag in Gadera, etwa 40 Kilometer nördlich vom Gazastreifen.

Insgesamt waren laut Internetseite der israelischen Armee über 200 Raketen seit Freitag aus dem Gazastreifen abgeschossen worden. Etwa ein Drittel konnte mit dem neuen Raketenabwehrsystem „Eisenkuppel“ abgefangen werden. Die Luftwaffe flog 37 Angriffe auf Ziele im Gazastreifen. Die „Eisenkuppel“ bietet zwar keinen 100-prozentigen Schutz, doch die Erfolgsquote bestätigt die Befürworter der Abwehrwaffe, in die Israel verstärkt investieren will.

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7 Kommentare

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  • D
    drubi

    Seit beginn der sogenannten Waffenruhe sind inzwischen 4 größere Raketen (Grad, Grad2) nach Israel abgefeuert worden.

     

    In den deutschen Medien finden solche Verletzungen von Vereinbarungen durch die Palästinenser keinerlei Erwähnung.

     

    Ich vermute so langsam, dass sogar für die Bevölkerung in Gaza eine erneute Besetzung de Gaza-Streifens noch erträglicher wäre als das aktuelle Hamas-Regime.

  • I
    I.Q

    Hoffentlich hält der Waffenstillstand. Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag macht Sorgen.

     

    Leider mußte schon gestern vermeldet werden, es seien 2 Grad Raketen in Richtung auf das immerhin 60 km entfernte Beerscheba abgeschossen worden. Dann müssen wohl kurz vor Mitternacht zwei Luftangriffe von Seiten der IDF erfolgt sein.

    Müßig für den Aussenstehenden über die Beweggründe zu spekulieren, die den Abschuß der Grads hervorbrachten, es sind bei den 26 Toten im Gazastreifen in den letzten Tagen ja einige vorstellbar, auch mag sich so manch ein Palästinenser Rache für vieles andere geschworen haben, was ihm oder Angehörigen widerfahren ist.

     

    Gott sei Dank wurden keine neuen Toten und Verletzten gemeldet, wohl aber Auffassungen aus der IDF, es seien Splittergruppen für die Abschüsse auf Beerscheba verantwortlich.

    Die Aussage, keine Gruppe im Gazastreifen habe eine Gesamtkontrolle, überrascht und stimmt positiv.

    Bislang holten die israelischen Machthaber die unsinnige Propagandaformel ständig hervor, die Hamas habe die Kontrolle, sei deshalb verantwortlich für Angriffe und deshalb sei es legitim hier und dort zu bomben, auf Leute, denen im Grunde nichts vorzuwerfen war.

     

    „IAF strikes Gaza targets after rockets fired at Beersheba“

     

    http://www.jpost.com/Defense/Article.aspx?id=261905

  • M
    Maayan

    Menschen, die allen Ernstes so dumm sind, den Terror gegen israelische Zivilisten (von den Raketen werden im Übrigen auch arabische und drusische Israelis bedroht) als "Selbstverteidigung" der Palaestinenser zu bezeichnen, kann man nur wünschen, dass sie irgendwann mal dazu gezwungen sind, in Süd-Israel festzusitzen, wenn da wieder einmal die Luft brennt.

  • M
    mehrdad

    israel ist das einzige land der welt, von dem tatsächlich verlangt wird, ein gebiet mit allem zu versorgen, von wo aus israelische (jüdische) zivilisten beschossen werden.

     

    so etwas würde kein anderes land der welt tun.

     

    das sollten die judenhasser bedenken, die hier gift und galle gegen den jüdischen staat spucken.

  • E
    end.the.occupation

    >> In Israel war lediglich von einer „Verständigung“ die Rede, nicht von konkreten Zusagen an die Extremisten.

     

    Man beachte die 'Extremisten'. Und das bezeichnet nicht etwa jene, die 1.6 Millionen Palästinenser in einem Käfig halten und sich nun Hoffnungen machen, Palästinenser in Gaza ohne irgendein Risiko abschlachten zu können.

     

    Die Extremisten sind vielmehr die Insassen des Käfigs - und jene, die dazu nicht a la Yücel die Klappe halten.

  • J
    J.R

    Starting point and developement: „die laut Israel einen größeren Terroranschlag im Süden des Landes planten“

     

    Die Gedanken sind frei – hieß es einmal.

    Nun könnte es sein, dass sie freie Erfindung der IDF werden.

     

    Gab es nicht auch noch andere Ausreden, von wegen die hätten bereits hinter einem Anschlag gestanden, aber der eine war doch gerade erst aus dem israelischen Kerker - oder wie der mo®derne Strafvollzug mit Resozialisierung dort heißt - entlassen worden.

  • I
    I.Q

    Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die Komiker aus Tel-Aviv auch noch beim UN-Sicherheitsrat vorstellig werden wollen,

    damit der den Abschuss der nötigen Geschosse aus dem Gazastreifen verurteilt, obwohl die für den israelischen Testlauf in der Geschossabwehrentwicklung offenbar gewollt waren.

    Die israelischen Entwicklungen werden sich erst rentieren, wenn sie auf dem internationalen Waffenmarkt verkauft werden können.

     

    Humor ist allerdings auch nötig, wenn Berichterstatter gleichgültig oder frohlockend über das Abschlachten vorwiegend junger Männer, die sich verteidigen wollten, hinweggehen. Aber was will man erwarten, von Menschen die gerne Land verschenken, das ihnen selbst nicht gehört.