WM-Ausschluß Jugoslawiens wird nicht mal diskutiert

■ betr.: Kosovo/Serbien/Nato

Sehr befremdlich finde ich den Umstand, daß in der allgemeinen Berichterstattung und auch in den Kommentaren der Medien nicht in Erwägung gezogen wird, die jugoslawische Fußballmannschaft von der derzeitigen Weltmeisterschaft auszuschließen. Seit Jahren wurde dieses Mittel bei Weltmeisterschaften und Olympiaden eingesetzt. Zugegeben, es ist durchaus umstritten, aber wieso, frage ich mich, wird es nicht einmal diskutiert? Sind alle deutschen Journalisten im Fußballrausch oder haben sie die sportliche und damit die nationale Ausgrenzung als Instrument stillschweigend fallengelassen? Sicherlich ein Krieg – und das ist zweifellos die treffende Umschreibung für den Zustand im Kosovo – wurde durch eine solche Maßnahme noch nicht verhindert. Das bekannte Gerede der Politiker und die Manöver (sic!) der Nato in Makedonien und Albanien werden aber sehr wahrscheinlich nicht mehr bewirken. Das zeigt uns doch die Erfahrung, zumal uns die allseits zitierten Friedensforscher sagen, daß ein militärisches Eingreien selbst im Falle einer nicht zu erwartenden Zustimmung Rußlands völkerrechtlich zumindest höchst problematisch ist.

[...] Hypothetisch vergleiche man das einmal mit einem Ausschluß Deutschlands. Hier wäre der Teufel los – obwohl wir angeblich in diesem Land ein unterentwickeltes Nationalbewußtsein haben! Die Aktion würde außerdem nicht nur die Serben zu Hause, sondern vor allem auch die im Exil treffen, was vielleicht eine neuartige Resonanz hervorrufen könnte. [...] Ich habe nichts gegen diese jungen Männer und ihre ehrlichen Gefühle gegenüber ihrer Heimat, und für sie täte es mir ein spontaner Ausschluß auch leid. Aber letztlich geht es selbst bei einer Fußball-WM auch um Politik, denn sonst würden keine Nationalmannschaften stellvertretend für die Staaten gegeneinander antreten. Und außerdem verdienen Fußballer nun wahrlich genug Geld, um über eine Nichtteilnahme hinwegzukommen. Pascal Corbé

Er hat ja recht, der Erich Rathfelder, daß die internationale Gemeinschaft im Kosovo eingreifen muß – aber warum denn gerade mit militärischen Mitteln? Wie wäre es denn z.B. mit folgender Drohung: Entweder ihr Serben beendet das Töten im Kosovo oder wir rufen alle serbischen Soldaten zur Desertion auf, bieten ihnen Asyl zu guten Bedingungen an.

Erst kürzlich beklagten sich auf einem Friedenskongreß in Osnabrück serbische Pazifisten über die mangelnde Unterstützung des Westens. Ist es Zufall, daß der Westen immer nur an „Militär“ denkt, wenn er „Konflikt“ und „ethnische Säuberungen“ hört? Wohl kaum. Hier ist man am Erfolg von pazifistischen Konzepten nicht interessiert. Und man ist an „Stabilität“ interessiert. Ein militärisches Eingreifen gegen Serbien wird die Position der Herrschenden in Serbien weiter stärken. Eine massenweise Desertion aus der serbischen Armee jedoch das System schwächen. Und das scheint man hier offensichtlich gar nicht zu wollen. Bernhard Clasen, Vorstandsmitglied der Deutschen Sektion der „Helsinki Citizens Assembly“, 41061 Mönchengladbach

Die Nato wird Jelzin zeigen, wo Bartel den Most holt. Territoriale Integrität ist ja tatsächlich beim Zerfall von Vielvölkerstaaten am besten „ex post“ dann zu gewährleisten, wenn einigermaßen „ethnisch korrekte“ Grenzen gezogen werden. Aber was ist dann mit Bosnien? Mit der Krajina und Ostslawonien? Ein im Nato-Protektorat Bosnien mit militärischer Gewalt abgewiesenes ethnisches Projekt wird nun gleich nebenan, im künftigen Nato-Protektorat Kosovo, gleichfalls mit militärischer Gewalt durchgesetzt. Logik hat das nicht – außer der eines Südosteuropa-Feldzuges der Nato, dem jedes Mittel recht ist. [...] Wir gehen in einen Balkankrieg der Nato. Volker Wirth, Berlin