WESPEN: Schwarz-Gelb tut jetzt schon weh
2009 ist nicht nur Wahljahr, sondern auch Wespenjahr. Früher als sonst nerven die schwarz-gelben Ungeheuer die Wähler. Nach der Wahl, sagen Experten, soll alles vorbei sein. Doch Skepsis ist angebracht.
Es ist wie in der Politik: Erst umschwirrt einen Angela Merkel, dann sticht Guido Westerwelle zu. Wer exakt einen Monat vor der Bundestagswahl wissen will, welche Bedrohung von Schwarz-Gelb ausgeht, kann es auf der eigenen Haut erleben - beim abendlichen Grillen oder zuvor bei einem Stück Pflaumenkuchen.
Dass 2009 ganz im Zeichen von Schwarz-Gelb steht, wusste Melanie von Orlow schon im Frühjahr. "Der warme März und der warme April haben dafür gesorgt, dass 2009 ein Wespenjahr wird." Von Orlow betreibt kein Politbarometer, sie ist vielmehr die Hymenopterenexpertin des Berliner Nabu und als solche ausgezeichnet mit dem Naturschutzpreis 2009.
Anders als in den Vorjahren sind die Wespen heuer auch ein bis zwei Wochen früher am Start. Dabei hat die Plage, über die viele Berliner und Brandenburger klagen, auch viel mit der Nahrungssituation der Hymenopteren - auf Deutsch: Hautflügler - zu tun. "Weil es derzeit kaum mehr Blüten gibt, weichen die Wespen auf die Kaffeetafel und die Grillwürstchen aus."
Was aber haben die Gegner von Schwarz-Gelb zu bieten? Entgegen anders lautenden Meldungen wurden die Roten bislang nicht beim Wahlkampf gesehen, sondern am Strand in Mecklenburg-Vorpommern. Millionen von Marienkäfern übten sich im Formationsflug - um gleich darauf abzustürzen. Erschreckt wurden nicht Merkel und Westerwelle, sondern die braven Wähler im Sommerurlaub.
Eines aber können Experten immerhin ausschließen: dass die Aggression der Wespen und die Kamikazeaktionen der Marienkäfer ursächlich miteinander zusammenhängen. Die Theorie einiger Wahlforscher, dass es sich bei beiden um Nahrungsmittelkonkurrenten handelt, weist Holger Schmidt, Leiter des Pflanzenschutzamtes Berlin, zurück: "Marienkäfer sind zwar Räuber, aber ein Apfel ist nicht ihre originäre Nahrung." Das Gleiche gilt für Wespen. "Auch die ernähren sich manchmal von Blattläusen, generell aber sind sie Allesfresser. Da kommt sich niemand ins Gehege", so Schmidt.
Was aber kann der Bürger tun, wenn ihm das Werben von Scharz-Gelb oder Rot zu viel wird? Er muss sich an seinen Hausverwalter wenden, sagt Mario Heining, Vorsitzender des Landesverbands Berlin des Deutschen Schädlingsbekämpferverbandes. "Der Hausverwalter ruft den Schädlingsbekämpfer an, dann geht es los." Wenn möglich, betont Heining, versuche man die Wespennester aber erst umzusetzen, statt sie zu zerstören. Derzeit hätten seine Mitgliedsfirmen etwa zehn Aufträge am Tag. "Das ist nicht mehr als im letzten Jahr."
Nimmt die schwarz-gelbe Gefahr auch mal ein Ende? Ja, sagen die Experten, aber erst nach der Wahl. "Bei Hummeln, Wespen und Hornissen sterben die während des Frühjahrs und Sommers herangewachsenen kopfstarken Völker in jedem Herbst ab", weiß Nabu-Expertin von Orloff. "Nur die Königin überlebt den Winter in einem kältegeschützten Versteck."
Hoffentlich nicht im Bundeskanzleramt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?