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WASSERMUZAK

■ Die Elefanten im Planetarium

WASSERMUZAK

Die Elefanten im Planetarium

Es wird dunkel, stockdunkel, so dunkel, daß manche Witze machen müssen. „Wasserwüste/Ozean“ als Titel des Abends. Zuerst saugt sich der Teppich voll, dann spürt man, wie die Schuhe naß werden. Sie lassen Wasser ein ins Planetarium. Einige lachen noch und setzen sich aufrecht, dann der Schneidersitz. Das Rütteln an den Türen bleibt vergeblich. Die Trommeln ersaufen als erste, wir stehen auf den Sitzen, dem Sopransaxophon lauschend, bis es schließlich nur mehr gurgelt und dann ist endlich Stille, langersehnte Ruhe: Wasserwüste.

Da es aber nicht so war, da wir gekippt lagen, schlichen sich im Dunkeln Männer mit Blechdosen, in denen Perlen sprangen, an uns vorbei, kleine Lämpchen an der Stirn, Leuchttürme an langerwarteten Gestaden. Der Stille Ozean Flöte und Gitarre, einschmeichelnd überlappend Saxophon und Baß, dazutretend, wiegen uns in sanften Wellen treibend, und die Koordinaten des Himmels weisen uns den Weg. Ein fürchterlicher Schlag, Blitz und Donner, Sturm in der Wasserwüste. Ja, und dann spielen die Elefanten ihre Musik, und das Planetarium zeigt seine Sterne, Tierkreiszeichen und der Sextant kreist. Vier Trommeln unten, oben auf der Bühne die Dreiklangbläsersätze, unisono, geschmackvoll durchsichtig. Musik zum Träumen, mit der linken Hand jazzig schnippend, mit dem ethnischen rechten Fuß leicht wippend. Ich kannte die Elefanten nicht, wenn sie immer so klingen, muß man sie nicht kennen. Manches tönt wie in Karl Valentins „Senderaum“: Donnerbleche und Sturmmaschinen, Wasserplätschern, und die Klänge kreisen in der Kuppel, rundherum das Meer - das Elend der Programmmusik.

„Damit ein neues Erleben von akustischen und optischen Eindrücken möglich wird“, hofft das Konzept. Musik - Kunst in der Zeit und Bilder - bewegt in der Zeit, das muß sich doch ergänzen, befruchten und zu neuer „magischer“ Qualität führen. Der Hund läuft aber nicht anders, wenn das Herrchen auf dem Fahrrad nebenherfährt. Vielleicht ist mir Musik zu wichtig, vielleicht nehme ich sie zu ernst, aber als Naturmuzak ist sie mir zu schade, die steigende Wachstumsrate der Meditationskaufhausketten ist mir gleichgültig. Man kann Musik nicht ernst genug nehmen - die Sterne und das Wasser auch nicht.

Und dann kam es am Ende doch noch. Ich hatte es schon befürchtet: „Bye-bye, bye-bye Skagerrak“, murmelte der Trommler den künstlerischen Kommentar zur Lage. „Wir bitten Sie, absolut nicht zu rauchen. Sie wissen, die Kuppel ist vor kurzem abgebrannt“, beschwor der Sprecher am Anfang des Konzerts das Publikum. Die Logik der Naturfreunde, das Kleine im Großen eingebettet und zum Finale rotiert dann alles in rasender Geschwindigkeit, die Sterne und die Töne, die Sternzeichen und die 360%%-Klänge - alles wird gut. Das Planetarium bietet auch Vorführungen ohne Musik an. Die Anfangszeiten sind unter 796 20 29 zu erfragen.Konrad Heidkamp

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