WASG IN BERLIN: FUSIONS-VERWEIGERER VERWIRREN LINKSPARTEI : Besser ein Ende mit Schrecken
Die neue Linkspartei endet anscheinend im Chaos, noch bevor ihre Fusion richtig begonnen hat. Die Lage ist unübersichtlich. Die Linksdogmatiker in der Berliner WASG meinen, dass sie die Basis-Abstimmung gegen die Fusion mit der PDS knapp gewonnen haben – die Spitze von Linkspartei/PDS hingegen redet sich das Ergebnis als Votum für die Fusion schön. Bodo Ramelow, der Fusionsbeauftragte der Linkspartei, beteuert grimmig, dass die WASG in Berlin nun nicht gegen die PDS antreten werde. Für Klaus Lederer, Chef der Berliner Linkspartei, gilt die WASG indes nun als Konkurrent. Offenbar weiß die Linkspartei selbst nicht so genau, wie sie das WASG-Votum interpretiert. Klarheit wird es nur vor Gericht geben.
Ist der schöne Traum von einer gesamtdeutschen Linken damit zerplatzt? Noch nicht. Aber es kann so kommen. Politisch tun Ramelow und WASG-Vorstandsmitglied Klaus Ernst dabei das Richtige: Sie forcieren die Trennung von den Extremisten in der Berliner WASG. Von Leuten, die die Politik der Linkspartei im Berliner Senat als „neoliberal“ denunzieren, trennt sich jede Partei besser früher als später. Die Aussicht, dass die WASG bei den Wahlen im Herbst der PDS Stimmen wegnimmt, mag schmerzen. Auch der öffentliche Eindruck ist unschön. Aber das sind kleine Übel in Anbetracht der Aussicht, sich ewig mit wütenden Ex-PDSlern und Trotzkisten herumzuärgern. Besser also das Ende mit Schrecken.
Doch der Auftritt von Ernst und Ramelow erinnerte gestern stark an Schröders Flucht nach vorn, als er sich am Abend des 18. September zum Kanzler ausrief. Sie wirkten schroff und autoritär – und das ist kaum der richtige Ton, um der WASG Vernunft beizubringen. Die WASG ist ein instabiles, flüchtiges Gebilde. Viele habe jahrelang die Direktiven der SPD-Oberen ertragen – und nun wenig Lust, sich wieder sagen zu lassen, wo es langgeht. Die WASG-Basis ist eigensinnig, und damit ist die große Unbekannte im Spiel. Die Zweifel, ob die Parteispitzen über genug Geduld und Klugheit verfügen, um sie durch den Fusionsprozess zu schleusen, sind seit gestern gewachsen. STEFAN REINECKE