WAS MACHT EIGENTLICH ...… der Mercedes-Stern? : Sich doch bewegen
Fast ein Jahr lang war das Europacenter an der Gedächtniskirche nicht mehr das Europacenter, war nicht mehr das Berliner Rockefeller-Center, war nicht mehr es selbst. Warum? Weil seine Krone, das Wahrzeichen und Freiheitssymbol Westberlins, der Mercedes-Stern, sich nicht mehr drehte, ja stillstand. Ab jetzt rotiert und leuchtet das Gebilde aus 680 Neonröhren wieder. Gott sei Dank, der Westen ist gerettet. Das braucht es auch. Schließlich fehlt der City-West immer noch die Strahlkraft.
Es gibt Menschen im Westteil der Stadt, die lieben ihr Europacenter samt Stern genauso wie andere den kleinen Eisbären Knut. Warum das so ist, kann man heute kaum noch verstehen – hängt es doch mit Themen zusammen, die Anfang der 60er-Jahre in Berlin auf der Tagesordnung standen: Mauerbau, Freiheit, Ostberlin, Kalter Krieg, Kapitalismus/Kommunismus. Und als damals das Europacenter im Stil amerikanischer Hochhäuser errichtet wurde und der Mercedes-Stern als größte bewegliche Leuchtreklame der Welt sich 1965 zu drehen und dank 6.000 Volt Hochspannung zu strahlen begann, gab dies der geteilten Stadt – „umgeben vom roten Meer“ – das Gefühl, dass sie wie ihr Leuchtzeichen gleich dem ewigen Licht niemals ausgingen. Das Europacenter und sein Stern waren westliche Pathosformeln und Wahrzeichen zugleich. Dass das tonnenschwere Getriebe im vergangenen Jahr dennoch kaputtging, hat kaum einer gemerkt. Zeiten und Wahrzeichen ändern sich eben. ROLA FOTO: AP