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WARUM NEW LABOUR AN DER SEITE VON GEORGE BUSH STEHTTony Blair als Weltrevolutionär

Vor vier Jahren, als Rot-Grün zum ersten Mal eine Bundestagswahl gewann und New Labour in Großbritannien auf dem Höhepunkt seiner Popularität stand, kletterte in London ein kontroverses politisches Buch auf die Bestsellerlisten. „Bring Home The Revolution“ des Guardian-Journalisten Jonathan Freedland war ein Lobgesang auf die USA. Geboren als die erste und erfolgreichste Befreiungsbewegung gegenüber der britischen Monarchie, sei der US-amerikanische Republikanismus ein Ansporn für Wandel auch im müden Europa. Die amerikanische Revolution müsse nun „nach Hause kommen“ und Großbritannien ergreifen.

Der Enthusiasmus New Labours für die USA unter George Bush entspringt genau dieser Überzeugung, dass der amerikanische Republikanismus in seinem tiefsten Wesen eine revolutionäre Bewegung ist, die unbekümmert und respektlos gegenüber Prinzipien und Konventionen das Alte hinwegfegt, wenn es nichts mehr nützt. Die Gründung der USA war ja schließlich nach dem europäischen Rechtsverständnis des 18. Jahrhunderts komplett illegal. Tabubrüche, auch und gerade im Völkerrecht, sind konstitutiv für die Existenz des mächtigsten Staates der Erde. Diese Sprengkraft kann bei richtigem Einsatz auch heute noch weltweiten Fortschritt begründen – selbst wenn diese Einsicht in der realen Welt der US-Politik mittlerweile verschüttet ist. „Regimewechsel“ ist in einer Welt der Diktatoren und Gewaltherrscher nicht zu fürchten, sondern vielmehr zu begrüßen und zu fördern.

In praktische Politik umgesetzt, bedeutet dieses Selbstverständnis New Labours als intelligente Version des US-Republikanismus, dass die Regierung Blair darauf aufpassen muss, ob die Administration Bush das alles begreift und auch umsetzt. Ein Berater des britischen Premiers, gefragt nach dem Klischee eines Blair, der dem Kriegstreiber Bush brav hinterherhechelt, brachte das vor kurzem auf die Formel: „Tony Blair ist nicht George Bushs Schoßhund. Er ist sein Blindenhund.“

Man mag das für überheblich, naiv und unrealistisch halten, aber dahinter steckt zumindest eine Idee. Vom kontinentaleuropäischen, auch von Rot-Grün gepflegten Konsens, wonach ein starkes Europa als progressives Gegengewicht zum reaktionären Amerika entstehen müsse, ist sie meilenweit entfernt. Doch dies ist keine Abwendung Großbritanniens von Europa, sondern eine Hinwendung – zu unbequemen Bedingungen. Das Gewicht Londons in Europa ist stark gestiegen, was ja auch Gerhard Schröder mit seinem Blitzbesuch in 10 Downing Street anerkannt hat. Blair ist heute das, was er schon immer sein wollte: Mittler zwischen Europa und Amerika. Er erklärt Schröder Bush und Bush Schröder, ohne dass die beiden erfahren, was er über sie sagt.

Paradoxe Folge alldessen ist, dass Tony Blair zugleich proamerikanischer und proeuropäischer ist als die Mehrheit in seinem Land. Die meisten Briten lehnen einen Irakkrieg genauso ab wie die meisten Deutschen und sind auch unvermindert gegen den Euro. Aber diese Reserviertheit seiner Landsleute stört Blair nicht unbedingt. Er denkt, er sei einfach seiner Zeit voraus. Genauso wie einst die Staatsgründer der USA. DOMINIC JOHNSON

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