WAHL-SCHLAPPE: Asta-Ärger an der Uni
Weil eine Markierungsflüssigkeit mit falschem Papier getestet wurde, mussten die laufenden Asta-Wahlen an der Universität am Dienstag abgebrochen werden.
Über 1.000 Stimmen lagen schon in den Urnen, da zog die Wahlkommission am Dienstagabend die Notbremse: Die seit Wochenbeginn laufenden Wahlen für den Akademischen Senat, die Fachbereichsräte und den Studierendenrat (SR) wurden abgebrochen. Ein "unvorhersehbares technisches Problem" sei aufgetreten, erklärte die Wahlleitung in einer Rundmail.
Das Problem bestand in der Markierung der Studierendenausweise: Nach der Stimmabgabe wurden die mit einer nur unter UV-Licht sichtbaren Flüssigkeit gekennzeichnet. So sollte verhindert werden, dass Studierende mehrmals ihre Stimme abgeben - die Helfer an den Wahlurnen hatten extra spezielle Lampen bekommen, um dies zu prüfen. Doch auf vielen der Ausweise ließ sich die Markierung wieder abwischen.
Eine "ziemlich dämliche Panne", nennt der Präsident des Studierendenrats Sebastian Vogt die Angelegenheit. Besonders ärgerlich sei, dass die Unileitung die üblicherweise parallel laufenden Wahlen für den Akademischen Senat und die Fachbereichsräte ab heute bis zum nächsten Mittwoch direkt neu startet. Alle bisher abgegebenen Stimmen sind jedoch ungültig.
"Das führt zu totaler Konfusion", sagt Vogt. Dem SR ist ein direkter Neustart aus rechtlichen Gründen nicht möglich. "Jetzt müssen die Leute am Ende insgesamt drei Mal an die Urne", sagt Vogt. Ob die SR-Wahlen noch im laufenden Semester oder erst im November wiederholt werden können, ist offen. "Wir versuchen das mit voller Kraft zu beschleunigen", sagt Vogt.
Ebenfalls offen ist, wer die wohl im fünfstelligen Bereich liegenden Kosten tragen muss. "Darüber wird noch zu reden sein." Die Studierenden sehen die Verantwortung jedenfalls bei der Rechtsstelle der Universität. Die beaufsichtigt die Wahlen und habe die UV-Tinte beschafft. Getestet worden sei sie zwar, aber nicht mit dem Originalpapier der Studierendenausweise. "Die haben das Papier genommen, auf dem nach einem Verlust Ersatz-Ausweise ausgedruckt werden", sagt Vogt. Niemand habe ahnen können, dass es sich um verschiedene Papiersorten handelt.
Zum ersten Mal hatte die 2010 gewählte Asta-Koalition aus Grünen und der Juso-nahen Liste "Asta für alle" in diesem Jahr beschlossen, dass zur Legitimation an der Wahlurne der reguläre Studierendenausweis verwendet wird. In früheren Jahren war das anders: Da durfte nur wählen, wer einen speziellen Wahlausweis vorlegte. Den bekamen zwar alle Studierenden Anfang des Semesters mit der Post, viele verloren ihn jedoch bis zu den Wahlen. Dieser Wahlausweis wurde mit gewöhnlicher blauer Tinte ungültig gestempelt.
"Wir wollten diesmal auch blaue Tinte nehmen", sagt Vogt. Doch die Rechtsstelle der Uni habe Bedenken gehabt: "Die fürchteten, dass ein Studierendenausweis mit einem Stempel drauf nicht überall akzeptiert wird." So kam man auf die Idee mit der unsichtbaren UV-Markierung.
Die Uni will nun prüfen, ob sie tatsächlich für die Panne verantwortlich ist und die Kosten der Neuwahl tragen muss - oder ob der Asta die aus seinem eigenen Etat zu bestreiten hat. Am Donnerstag wolle man einen Kommentar abgeben, sagte eine Sprecherin der Universität.
Die oppositionelle Liste Lisa machte hingegen ein "Machtspiel" des Asta selbst für den Wahlabbruch mitverantwortlich. Der habe den sonst immer im Juni liegenden Wahltermin um einen Monat vorgezogen, um kurz nach der Bürgerschaftswahl "von dem rot-grünen Hype zu profitieren", sagte Matthias Chrzan von Lisa. Deshalb sei keine Zeit geblieben, "um das neue System ordentlich auszuprobieren".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?
Argentiniens Präsident Javier Milei
Schnell zum Italiener gemacht
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier